Ich hielt ihn auch für realistisch. Typen wie diesen Christopher gibt es immer noch, weltweit, und es gibt immer wieder Leute, die sich mitreissen lassen. Weil sie sich für schlau halten. Der Andre war ja auch erst skeptisch, als er da mit Sushi gefüttert wurde. Aber die Rattenfänger sind schlauer, die kennen die psychologischen Tricks und erkennen sofort die Schwachstellen des Gegenübers.
Die etwas harmloserer Variante dieser Gehirnwäsche sind doch Typen wie Jordan Peterson, Tony Robbins und Unternehmen wie Landmark. Die arbeiten so subtil, manipulieren mit Worten und ziehen den Leuten Geld aus der Tasche, während die begeistert klatschen.
Ich lese gerade den neuesten Band der Cormoran Strike Reihe von JK Rowlings/Robert Galbraith. Da geht es um eine Sekte und sie beschreibt sehr im Detail das Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche und Gehirnwäsche. Ich musste da ein paarmal bei dem Tatort dran denken, da waren einige Parallelen.
Was für ein Widerling, dieser Christopher.
Edit: hab grad die Links in dem Post weiter vorne gesehen. Ja, den Höller zähle ich auch zu der Truppe, die ich oben genannt habe.
"We can, in fact we must, continue to fight to make everything about society better, without destroying what's already great." Carrick Ryan, Australian political commentator
"Data is not information and information is not knowledge." Phillip Adams, Australian journalist
“It’s what you read when you don’t have to, that determines what you’ll be when you can’t help it.” Oscar Wilde
Gepackt hat's mich nicht, dazu ist die Thematik schon zu lange auf dem Filmmarkt. Mir tut's nur immer leid um die Familien der Schneeballer. Sind Ehefrauen wirklich so neben der realen Welt?
Wie meinst du das? Andrés Frau war doch weitaus realistischer als er?
Ich fand ihn leider auch sehr realistisch. An meinem Wohnort gab es vor wenigen Jahren zwei große Firmen die so gearbeitet haben. Der Chef der einen zieht europaweit immer noch ein solches Finanzding nach dem nächsten auf. Unzähligen Prozessen entging er straffrei, wie auch immer. Flog lange immer einmal wöchentlich mit Privat-Jet auf dem Regional-Flughafen ein, um sich wöchentlich bei der Polizei zu melden bis zu seinem Prozeß. Eine ehemals sehr enge Freundin war verwickelt, ihr Mann hat dort verkauft. Hat auch die halbe Familie finanziell ruiniert. Bis zur Scheidung und privat-Insolvenz meiner Freundin.
Widerlich fies, der Chef Christopher Komann. Man hätte ihm ständig eine reinhauen mögen. Natürlich grotesk überzeichnet, sein Verhalten, denke ich mal. Aber lustig die Szene, als er ich auf sein Trimmrad schwingt, Tempo macht und die Kriminaler meinen, er wollte flüchten.
Witzig ist es aber eigentlich gar nicht. Ich kannte jemanden, der sein ganzes Geld verloren hatte und sich zusammen mit seiner Frau umgebracht hat. Ständig sollte er nach legen mit neuem Geld, bis nichts mehr da war. Ohne großen Aufwand hohe Renditen zu erzielen ist eben einfach zu schön, um wahr zu sein.
Zitat von Katelbach im Beitrag #3226 Ich halte das für realistisch.
Was? Das Menschen einen derart uncharismatischen, verschlagen wirkenden Typen gut finden? Hmm 🤔
Klar. Wenn sie sich blenden lassen ?
Oder halt die Gier größer ist, als der Verstand
Es ist besonders perfide, wenn solche "Geldanlagen" an Freunde und Familie verkauft werden. Da geht es dann nämlich nicht um einen "uncharismatischen verschlagen wirkenden Typen" sondern um einen Verwandten oder Freund, dem man vertraut.
Zitat von spreefee im Beitrag #3225Der Schuft hätte sich aber noch rauswinden können, da ist nix draus geworden! Also hat das Gute gewonnen! Eine schöner Einlauf war das am Ende!
Irgendwie kann ich dir nicht folgen. Dass das Gute gewonnen hat, ist so ziemlich die letzte Botschaft, die ich aus dem Tatort ziehe. Eigentlich ist es doch leider genau umgekehrt?
Komann stand am Ende doch alleine da. Um ihn herum nur noch verbrannte Erde, er allein mit der Kamera für den nächsten Upload für eine anonyme Adressatenmenge, aus der sich nur noch vielleicht doch noch ein armer Teufel rekrutieren läßt.
Das Verbrechen, und sei es bis zur Strafverfolgung "nur" eins gegen die Menschlichkeit, wurde gesehen, wie mit dem Einlauf im Zusammenhang mit dem Mord und im Verhör der Ehefrau durch die Beamten zum Ausdruck kam.
Welche strafrechtlichen Konsequenzen sich ergeben, läßt der Krimi doch völlig offen! Zumindest für die Ehefrau, das könnte als Notwehr durchgehen, aber auch für Komann! Er hat den Anwalt doch nicht ohne Not bestochen! Die anderen Geschädigten können da einfach einen neuen Anwalt engagieren zum Beispiel.
André steht doof da. Er hat sich immer wieder zu schädigendem Verhalten verleiten lassen. Schuldunfähig scheint er aber nicht zu sein, oder was meint ihr?
Zitat von spreefee im Beitrag #3257André steht doof da. Er hat sich immer wieder zu schädigendem Verhalten verleiten lassen. Schuldunfähig scheint er aber nicht zu sein, oder was meint ihr?
Dafür war die entführung zu gründlich geplant. Da hülfe maximal ein psychiatrisches gutachten.
Ich fand den Tatort beklemmend realistisch. Komann eine karikatur des allgemeinen wahns des Neoliberalismus.
Und auch wenn frauen in seiner truppe mitgemacht haben, wurden sie nur als nebenfiguren gezeichnet. Gerade die feier am pool war ein testosterongetränktes ereignis. Männliche helden, die mit ihrer superkraft protzen, frauen als sexy deko im hintergrund. Selbstdarstellung in Social Media als gewinner., geliked und gefolgt von vielen. Mir fielen parallelen zu Andrew Tate ein.
Zitat von spreefee im Beitrag #3257 André steht doof da. Er hat sich immer wieder zu schädigendem Verhalten verleiten lassen. Schuldunfähig scheint er aber nicht zu sein, oder was meint ihr?
Wieso sollte er schuldunfähig sein? Dummheit schützt vor Strafe nicht.
Da hätte er schon entweder geistig umnachtet sein müssen oder dauerhaft unter Drogen gestanden haben. Das schien mir aber beides nicht der Fall zu sein.
Aus eigener Geldgier die engsten Verwandten betrügen – und erzähl‘ mir niemand, das ihm nicht irgendwo klar war, das es um Hochstapelei und Betrug ging – finde ich per se nicht entschuldbar.
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"Paradise has never been about places. It exists in moments. In connection. In flashes across time."
@Syriana: Stichwort Geldgier - dass André sagt, er wolle seiner kleinen Familie ein schönes Leben bieten, läßt du gar nicht gelten?
@daggy5gram: ja das passt nicht zusammen, die gut geplante Entführung mit der sonstigen Beeinflussbarkeit...wegen der Schuldunfähigkeit hätte ich so in Richtung Persönlichkeitsstörung gedacht, was aber zugegeben reine Spekulation ist. Wenn das nicht greift, sind wir wieder beim Komann, den man wegen arglistiger Täuschung, Sittenwidrigkeit, Betrug...drankriegen könnte.
Dass der Krimi da so ein totes Ende baut! Eine Straftat kann doch nicht ungesühnt bleiben, weil der Anwalt der Gegenseite ermordet wird! Da lachen ja die Hühner!
Zitat von spreefee im Beitrag #3260@Syriana: Stichwort Geldgier - dass André sagt, er wolle seiner kleinen Familie ein schönes Leben bieten, läßt du gar nicht gelten?
@daggy5gram: ja das passt nicht zusammen, die gut geplante Entführung mit der sonstigen Beeinflussbarkeit...wegen der Schuldunfähigkeit hätte ich so in Richtung Persönlichkeitsstörung gedacht, was aber zugegeben reine Spekulation ist.!
@spreefee – ein schönes Leben für sich und ihre Familie wünschen sich, verständlicherweise, viele Menschen.
Persönlichkeitsgestört kam mir der junge Mann nicht vor. Und was heißt „nicht gelten lassen“ – dieser verständliche Wunsch rechtfertigt doch keine Entführung. Und ich schließe es aus, das jemand, der klar im Kopf ist, aufgrund einer Anfälligkeit, auf obskure Versprechungen reinzufallen, ein psychiatrisches Gutachten erwirken kann. Auf welcher Grundlage denn?
Ab dem Punkt, wo er gedankenlos seine Familie ins finanzielle Desaster stürzte, war mein Verständnis weitestgehend weg.
Schuldunfähig wegen dem Wunsch nach gutem Leben? Äh, nein.
Ich würde so jemandem im realen Leben einen guten Anwalt und einen gnädigen Richter wünschen.
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Zitat von Katelbach im Beitrag #3226 Ich halte das für realistisch.
Was? Das Menschen einen derart uncharismatischen, verschlagen wirkenden Typen gut finden? Hmm 🤔
Einerseits das, andererseits aber auch, dass so durchgeknallte Typen sich so überschätzen und in der Realität solche "Reden" ablassen. Selbstüberhöhung, aber auch das "Fußvolk" der Sekte soll sich auserwählt fühlen.
Klar. Mir ging es weniger um die Selbstüberschätzung verschlagener Betrüger als darüber, dass es mir schwer fällt, dass auf so jemanden reihenweise Menschen reinfallen.
Aber stimmt schon… auch auf so Enkeltricks oder „Sie müssen der Polizei nun sofort ihren Schmuck und Ihr Bargeld übergeben!“ fallen immer noch viele Menschen rein. Angstmacherei und Geldsegenversprechungen ohne großen Aufwand ziehen wohl oft.
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Zitat von frangipani im Beitrag #3251Ich lese gerade den neuesten Band der Cormoran Strike Reihe von JK Rowlings/Robert Galbraith. Da geht es um eine Sekte und sie beschreibt sehr im Detail das Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche und Gehirnwäsche. Ich musste da ein paarmal bei dem Tatort dran denken, da waren einige Parallelen
Das ging mir auch so. Ich bin ja in der stadt, in die viele anhänger von Bhagwan kamen, nach dem auszug aus Oregon. Auch da kam mir einiges bekannt vor. Die waren auch sehr geschäftstüchtig.
Gut fand ich die erzählweise. Auf der einen, persönlichen seite die menschen, die ihre motivationen und gedanken zur schau stellten. Auf der anderen seite der erzählstrang wie ein buch, das den blick von aussen darauf richtete und klar machte, was da gerade eigentlich ablief. Beides ganz ohne zusätzliche erklärung; vermittlung durch miterleben statt belehrung.
Zitat von Clara2602 im Beitrag #3244Geht mir genauso. Ich fand den (Chef) schnell durchschaubar und er wäre mir von Anfang an unglaubwürdig erschienen. Eher wie ein Sektenführer, der auch noch eine unangenehme Ausstrahlung hat. Dass die jungen Männer auf ihn hereinfallen, kam mir auch sehr unrealistisch vor.
Guter Vergleich. Der Kerl wirkt nicht nur wie ein Sektenführer, er ist praktisch einer. Und seine Jünger haben sich nicht nur in ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis manövriert, sondern sind auch emotional völlig verstrickt.
Die Geschichte wirkt völlig überzeichnet, aber ich habe schon ganz seriöse Reportagen zum Thema Strukturvertrieb gesehen, die ein sehr ähnliches Bild zeichnen. Da wurden authentische Videosequenzen gezeigt, die jedes Klischee toppen. Meines Erachtens ist der Plot in dieser Hinsicht nahe an der Realität und die Drehbuchschreiber werden im Vorfeld gründlich in der Szene recherchiert haben.
Als Außenstehender versteht man nicht, warum Menschen auf Enkeltrickbetrüger hereinfallen, sich auf Schneeballsysteme einlassen oder zu religiösen Extremisten mutieren und ein Kalifat gründen wollen. Aber im wahren Leben gibt es diese Phänomäne erstaunlich häufig. Und Leichtgläubigkeit ist nicht unbedingt die Domäne älterer Damen. Naive junge Männer wie André sind keine Seltenheit.
Mir hat der Tatort sehr gut gefallen, ich fand die Darsteller durchweg ausgezeichnet und die Handlung rund um den Strukturvertrieb gut aufgebaut.
Kleiner Wermutstropfen: Die eigentliche Kriminalgeschichte war etwas hilflos zusammengestückelt. Die Entführungsgeschichte und den Mord am Anwalt musste man irgendwie einbauen, weil es halt ein Tatort war. Immerhin war das nicht zu störend.
Zitat von frangipani im Beitrag #3251 Was für ein Widerling, dieser Christopher. ....
Ja. Seine Ansprachen hatten verdammt gut das Zeug, seine Mitarbeiter zu überzeugen. Und dann dieses Perfide: XY hat wahnsinnige 800 Anrufe getätigt. Wow- Applaus von allen Seiten. Dann der Umschwenker: Sinngemäß - "Er ist ein Loser". (Ich habe mich gewundert, dass dieser XY dann trotzdem bei den Erfolgen anderer mitgejubelt hat.)
Zitat von Syriana im Beitrag #3262 Klar. Mir ging es weniger um die Selbstüberschätzung verschlagener Betrüger als darüber, dass es mir schwer fällt, dass auf so jemanden reihenweise Menschen reinfallen...
Man darf auch nicht vergessen, wie der spätere Entführer überhaupt in diese Firma reingeraten ist. Er kannte den Rocco schon von der Bundeswehr. Und der war da sein Vorgesetzter, den alle Mitsoldaten toll fanden. Der Entführer - hieß er nun Andre? - hatte ihn im Bund schon verehrt und dadurch hat er ihm auch sehr vertraut. Nach dem Motto: Wenn DER was macht, dann kann das nicht falsch sein.
Zitat von frangipani im Beitrag #3251 Was für ein Widerling, dieser Christopher. ....
Ja. Seine Ansprachen hatten verdammt gut das Zeug, seine Mitarbeiter zu überzeugen. Und dann dieses Perfide: XY hat wahnsinnige 800 Anrufe getätigt. Wow- Applaus von allen Seiten. Dann der Umschwenker: Sinngemäß - "Er ist ein Loser". (Ich habe mich gewundert, dass dieser XY dann trotzdem bei den Erfolgen anderer mitgejubelt hat.)
Ja, das ist ja die typische Sekten-Schiene, erst baust du ein enges Verhältnis auf, lobst und belohnst, und dann kommt die Peitsche. Und das Gegenüber tut alles, um wieder bei dir in die guten Bücher zu kommen, weil er die Anerkennung braucht. Masochistisch, fast.
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Zitat von Clara2602 im Beitrag #3244Geht mir genauso. Ich fand den (Chef) schnell durchschaubar und er wäre mir von Anfang an unglaubwürdig erschienen. Eher wie ein Sektenführer,
eben drum, bei den Sektenführern klappt es doch auch, warum dann nicht bei jemandem der offensichtlich durch seinen Job reich wurde und jetzt Losern gegenübertritt die davon träumen ebenfalls das große Geld zu machen.
Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen
God gave rock and roll to you, put it in the soul of everyone (KISS)
Zitat von spreefee im Beitrag #3225Der Schuft hätte sich aber noch rauswinden können, da ist nix draus geworden! Also hat das Gute gewonnen! Eine schöner Einlauf war das am Ende!
Irgendwie kann ich dir nicht folgen. Dass das Gute gewonnen hat, ist so ziemlich die letzte Botschaft, die ich aus dem Tatort ziehe. Eigentlich ist es doch leider genau umgekehrt?
das sehe ich genauso.
Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen
God gave rock and roll to you, put it in the soul of everyone (KISS)