Ich bin ja auch für gute Mindestlöhne. Aber ich bin auch für höhere Renten. denn die werden so zeitversetzt erhöht, dass ich massive Probleme kriege bzw schon habe. Ich muss sehr budgetieren. Also muss ich auch priorisieren, wofür ich Geld ausgebe. Und wenn es darum geht, mich einfach mit Freunden zu treffen, muss ich mich eben zur Not einen Abend lang an einem Radler festhalten. Ist auch doof, ich weiß. Aber in dem Punkt muss ich nach mir gucken – ich brauche ein soziales Gewimmel, brauche Bekannte und Freunde. Wenn ich nur zu Hause bleibe, gehe ich ein wie eine Primel.
Da kann man sich auch umgewöhnen, denke ich. "Damals" ... als wir noch jünger waren, hatten wir ja auch nicht so viel Geld, um bei Treffen immer was essen zu können (ich jedenfalls nicht). Ich kann mich nicht erinnern, dass das Zusammensein dadurch weniger lustig war. Allerdings ist uns allen in den letzten Jahrzehnten das Konsumieren ja buchstäblich anerzogen worden, daher kennen wir es inzwischen auch nicht mehr anders.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #15027Da kann man sich auch umgewöhnen, denke ich. " (...) Allerdings ist uns allen in den letzten Jahrzehnten das Konsumieren ja buchstäblich anerzogen worden, daher kennen wir es inzwischen auch nicht mehr anders.
Das mag ja aus Sicht des finanziell überforderten Gastes so stimmen - würde aber die ohnehin schon gewaltigen Probleme der Gastronomie noch mehr verschärfen. Jede Medaille hat zwei Seiten.
Hier in Österreich ist es so, dass die sog. Mittelklasse-Restaurants zunehmend wegbrechen. Die High End-Gastronomie hat weit weniger Schwierigkeiten damit, die Preise an die wirtschaftlichen Erfordernisse anzupassen, weil es eben von der Klientel mitgetragen werden kann.
Oft bzw. noch lässt die Gastronomie auch Flexibilität vermissen. An hoch frequentierten Standorten ist *schnell und unkompliziert* (zB Fast Food) meist das bessere Erfolgskonzept als das gutbürgerliche Restaurant. Und Gastronomen täten auch gut daran, die Trends der Zeit besser aufzugreifen, wie vegetarische/vegane Küche, ethnische Spezialitäten, etc.
Gastronomie ist im Laufe der letzten Jahre einfach komplexer geworden. Möglichst lange Öffnungszeiten garantieren nun mal kein florierendes Geschäft - sondern die richtigen Öffnungszeiten sind, betriebswirtschaftlich, der Dreh- und Angelpunkt, weil sie die Personalorganisation und -kosten stark beeinflussen.
Ich bin von der Preisexplosion geschockt. CurrywurstcPommes in so einem Imbissähnlichen Restaurant für 15 Euro. Die Pommes waren gut, die Currywurst gewöhnungsbedürftig klein aber da werde ich nicht mehr mal im Vorbeigehen essen. Ich verlagere mein Essen mehr und mehr in meine eigene Küche. Geht schneller und ist bedeutend besser.
Ich sehe das auch so die mittlere Restaurantgruppe bricht weg. Das war aber auch die Gruppe die viel mit „Eimerküche“ sprich Conveniance Sachen gearbeitet hat ohne das zu deklarieren.
Zitat von Lizzy im Beitrag #15029 Das war aber auch die Gruppe die viel mit „Eimerküche“ sprich Conveniance Sachen gearbeitet hat ohne das zu deklarieren.
Convenience-Produkte müssen nicht per se deklariert werden. Es gibt lediglich deklarierungspflichtige Allergene und Zusatzstoffe.
Convenience ist auch nicht automatisch schlecht, sondern oft einfach wirtschaftlich die bessere Option.
Als Gast ist man der Gastronomie auch nicht hilflos ausgeliefert, er entscheidet schließlich mit. So ist beispielsweise der Umfang der angebotenen Speisen meist ein verlässlicher Hinweis: ist die Karte eher klein und saisonal, dann wird meist frisch gekocht. Je grösser die Karte, desto mehr Fertigprodukte.
Ich persönlich wünsche mir mehr Fingerspitzengefühl bei der Art der angebotenen Gastronomie. Hier (Kleinstadt) hat vor Kurzem das sog. Platzhirsch-Bistro sein Konzept geändert. Nennt sich jetzt *fine dining* ... die Karte ist kleiner und etwas exklusiver und vor allem damit teurer geworden. Die Deko wurde ein bisschen gepimpt, die Kellner tragen weiße Handschuhe.
Nur fehlt hier halt die entsprechende Zielgruppe. In einer großen Stadt mag das ja uU sogar funktionieren. Aber hier ist es definitiv ein vergebliches und sinnloses Upgrade. Der Laden ist vorher weit besser gelaufen.
Zitat von BBlueVelvet im Beitrag #14976... Und dann noch die Erhöhung des Mindestlohns, den zwar hier niemand zahlt, alle zahlen mehr, aber die müssen ja dann auch rauf, wenn der steigt. ...
Diese "Logik" erschliesst sich mir nicht. Wenn ich mit meinem Personal 15 EUR/h vereinbart habe, dann muss ich doch nicht mehr zahlen, nur weil der Mindestlohn auf 13,60 EUR steigt.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #15027Da kann man sich auch umgewöhnen, denke ich. " (...) Allerdings ist uns allen in den letzten Jahrzehnten das Konsumieren ja buchstäblich anerzogen worden, daher kennen wir es inzwischen auch nicht mehr anders.
Das mag ja aus Sicht des finanziell überforderten Gastes so stimmen - würde aber die ohnehin schon gewaltigen Probleme der Gastronomie noch mehr verschärfen. Jede Medaille hat zwei Seiten.
Das stimmt.
In meiner Stadt gibt es explosionsartig viele Gaststätten/restaurants/bistros/cafés. Es werden sich nicht alle halten können, und man wird mit der Zeit sehen, was übrig bleibt.
Zitat von -franzi- im Beitrag #15032In meiner Stadt gibt es explosionsartig viele Gaststätten/restaurants/bistros/cafés. Es werden sich nicht alle halten können, und man wird mit der Zeit sehen, was übrig bleibt.
Interessant. Ich war letztens in einer größeren Stadt, da waren einige Gastronomien nicht mehr da, die ich noch letztes Jahr gesehen habe. Ich kenne einen Gastronomen hier vor Ort, der hat Ende letzten Jahres sein seit Jahrzehnten in Familienhand geführtes Hotel mit wirklich guter Küche, dicht gemacht. Das Hotel ist jetzt ein Haus für betreutes Wohnen und er macht das Catering dafür. Da kommt wohl gut Geld rum. Sagt er.
Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade.
Zitat von Kleinfeld im Beitrag #15033 ... der hat Ende letzten Jahres sein seit Jahrzehnten in Familienhand geführtes Hotel mit wirklich guter Küche, dicht gemacht.
Weil Du das erwähnst:
gerade in österreichischen Tourismus-Gebieten stellen die Familienbetriebe, die eben oft seit Generationen familiengeführt sind, oft ein Problem dar. Nicht selten verschuldet, stellt sich nämlich die Frage wie das die Generation, die quasi an der Reihe ist, noch bewerkstelligen kann in Anbetracht der Personal- und Preisentwicklung.
Also, wenn Betriebe Pleite machen, ist sicher nicht ausschließlich die aktuelle Preisexplosion schuld, sondern oft auch jahrelanges schlechtes Wirtschaften, schlechtes Konzept oder sonstwas. Einfach nur ein bisschen mehr Chichi im Ambiente bei gleichbleibend mittelmäßigem Essen rechtfertig halt keine großen Preiserhöhungen (ist nur ein Beispiel). Siehe auch #15033 von Kleinfeld: Manchmal bietet sich eben auch was Besseres für die Betreiber.
Zitat von schafwolle im Beitrag #15034Nicht selten verschuldet, stellt sich nämlich die Frage wie das die Generation, die quasi an der Reihe ist, noch bewerkstelligen kann in Anbetracht der Personal- und Preisentwicklung.
Ja, zum Beispiel. Oder alteingesessene Läden haben die Entwicklung auf dem "Ernährungsmarkt" verschlafen und man bekommt als einziges vegetarisches Gericht einen gemischten Salat.
Hier im Ort war auch mal ein kleines Café, beliebter Treffpunkt von Jugendlichen. Die Pächterin wollte die gerne raus haben, weil sie viel Platz wegnahmen, aber halt sehr wenig konsumierten. Das Café gibt es schon lange nicht mehr, auch alle nachfolgenden gastronomischen Versuche konnten sich nicht halten.
Auf Dauer können nicht alle überleben.
Das Bürgerhaus im nächsten Ort findet seit Jahren keinen Pächter mehr.
Oh ja, ich erinnere mich noch Restaurants wo jeden Tag Busladungen von Kaffeefahrern ausgeschüttet wurden, die dann zwischen 3 Fertigessen wählen konnten. Wenn 4 Busse durch waren, wurde bis zum nächsten Tag geschlossen.
Ich bin immer wieder fassungslos darüber dass auch heute ich in viele Cafés oder Restaurants keine Pflanzenmilch bekomme, als laktoseintolerante kann ich oft keine Kaffee trinken und schwarz mag ich ihn nicht. Selbst bei Tchibo gibt es erst seit wenigen Wochen Hafermilch hier.
harder, better, faster, stronger
beatinge the competition ist easy, beating yourself is a never ending comitment
schafwolle, und vor allem: Wer ist denn bereit, sich dumm und dusslig zu schuften, wie die Altvorderen das nun mal getan haben in den Jahrzehnten zuvor.
_____________________________________ Ich bin Karla48 aus dem alten Brigitte-Forum.
ich kenne etliche restaurants die gut gelaufen sind, aber trotzdem geschlossen haben eines davon war ein hotel, mit gutgehender gehobener buergerlicher kueche, die haben jetzt nur noch hotel garni, das restaurant haben sie geschlossen sie arbeiten jetzt mit partner-restaurants zusammen, wo sie ihre gaeste hinschicken das restaurant lief so gut, das man mindestens einen monat vorher reservieren musste, um am we dorthin zum essen zu gehen fehlendes fachpersonal, hohe energiekosten, lange arbeitszeiten, corona, die inflation, und das alter und die gesundheit der gastleute, so sind sie viel besser dran, nach 27 jahren gastronomie…
die gruende der schliessung stammen zusammengefasst und in eigene worte gefasst von deren homepage und da koennte ich zig weitere betriebe hier nennen…
und je laendlicher die gastrobetriebe angesiedelt sind, umso schwieriger ist es dauerhaft fachpersonal zu bekommen und zu halten das ist bei vielen auch ein knackpunkt
Ja früher halt.. Da gab es auch in jedem 2. Haus eine Kneipe und 5 Gaststätten mit Kegelbahn und 3 Metzger usw Heute ist aber das Konsumverhalten und die Lebenswirklichkeit der Menschen anders. Ich bin selbst mit Gastronomie aufgewachsen, früher gab es jeden Tag Stammessen und Essensmärkchen für Mitarbeiter.
Jetzt gibt es halt an jeder Ecke eine Dönerbude und bei jedem Metzger Mittagstisch und im Café auch Suppen. Gab es früher nicht, auch kein Lieferando und Konsorten.
——————————————————————————————————— Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht. (Jean Anouilh)
Zitat von Annilein im Beitrag #15041Jetzt gibt es halt an jeder Ecke eine Dönerbude und bei jedem Metzger Mittagstisch und im Café auch Suppen. Gab es früher nicht, auch kein Lieferando und Konsorten.
Ja, das kommt halt auch noch dazu. Ich wohne in der Nähe einer kleineren Stadt, da gibt es nur noch 2 Pizzerien und tagsüber an Bäcker angeschlossene Cafes.Die meisten Läden sind zu und in den Leerstand gehen nur asiatische Bekleidungsgeschäfte und Dönerbuden. Stadtbummel braucht man hier nicht zu machen.
Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade.
Logisch. Die meisten bestellen im Internet, die Kosten für einen Laden sind immens, von der Gewerbesteuer und deren Hebesätze ganz zu schweigen. Wir alle haben das mit zu verantworten, dass die Innenstädte leer sind.
Aus meiner Sicht ist das auch verzahnt: es sind nicht nur wir "Schuld". (Mitverantwortung trifft es schon, Sonnenwende)
Wenn ich in meiner Stadt gucke, wie hoch die Preise für alles sind, wie hoch died pachten sind, wundert mich nicht, wenn Geschäfte oder Gaststätten und nicht wieder verpachtet werden können. Da sehe ich persönlich eher die Gier der Eigentümer der Geschäftsräume.
Natürlich ist die Bestellung im Internet nicht so prickelnd, aber wenn ich überlege, dass ich für ein Produkt in der Stadt ein Drittel mehr zahlen muss, gleichzeitig aber sehr auf mein Budget achten muss, bestelle ich. leider! (Bei mir ist es auch durch Corona intensiver geworden.)
Natürlich kommen sofort die Geschäftstreibenden und jammern, aber wie gesagt: Verzahnung.
Ja, es hat sich viel verändert, und das ist nun mal das Leben. Es gibt heute auch keine Köhler mehr (bzw. wenn, dann nicht mehr viele), das beweint meines Wissens auch niemand. Das Ganze ist natürlich verzahnt, und die Betreiber von Geschäften müssen sich eben anpassen, wenn die Nachfrage schwindet. Das ist ja keine moderne Erscheinung, sondern ist ganz normal. Was die Innenstädte anbelangt: Da hat man jahrzehntelang Geschäfte auf die grüne Wiese gelockt und nichts für die Innenstädte getan, da kann man sich jetzt nicht darüber beschweren, dass da keiner mehr hin will.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #15045 Da hat man jahrzehntelang Geschäfte auf die grüne Wiese gelockt und nichts für die Innenstädte getan, da kann man sich jetzt nicht darüber beschweren, dass da keiner mehr hin will.
Ist ja teilweise heute noch so.
Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Schokolade.
Ja, siehe Oberhausen. Die haben mit dem Centro die Innenstadt total erledigt, und jetzt plant man in einem anderen Stadtteil erneut ein Einkaufszentrum! Da fragt man sich, ob Inkompetenz ansteckend ist.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #15048 Die haben mit dem Centro die Innenstadt total erledigt, und jetzt plant man in einem anderen Stadtteil erneut ein Einkaufszentrum! Da fragt man sich, ob Inkompetenz ansteckend ist.
Unter dem Gesichtspunkt dürfte es überhaupt keine Shopping Malls geben. Aber die Vorteile sind evident und entsprechen auch dem Zeitgeist.
Auch Einkaufszentren müssen sich übrigens anstrengen, um dem *Feind Onlinehandel* die Stirn bieten zu können.
Zitat von Leuchtkachel im Beitrag #15048Ja, siehe Oberhausen. Die haben mit dem Centro die Innenstadt total erledigt, und jetzt plant man in einem anderen Stadtteil erneut ein Einkaufszentrum! Da fragt man sich, ob Inkompetenz ansteckend ist.