Schade, mein Geschriebenes ist weg ...wer weiss, wozu das gut war/ist?
"Und ich denke, das hört nie auf. Ich möchte gern offen bleiben für all das, was mir noch begegnet.
Danke dass ihr da seid "
Danke dafür , liebe Syl!
Wer immer den Link zu "Co-Narzissmus" gesetzt hat, bei dem möchte ich mich ganz doll bedanken. Darauf wäre ich von allein nie gekommen, und doch fand ich mich sofort und komplett in der Beschreibung wieder ... danach hab ich seit vielen Jahren gesucht, da ich aber nicht wusste, was ich genau suchen sollte, bin ich nie darauf gekommen, was mir JETZT wie ein Schleier von meinen inneren Augen abfällt. In der Therapie hab ich dieses Problem nie zum Thema gemacht, weil es einfach noch nicht "dran" war ...
Das war oder ist für mich im Moment der hilfreichste Artikel überhaupt, denn genau deshalb hab ich immer im Ungewissen geschwebt, und deshalb hatte/habe ich schamhafte Schuldgefühle und wusste nicht, woher sie kamen und warum? Ich konnte nie benennen, was da in mir genau drückte ... weil es einfach unglaublich ist, dass mir genau das Pendant, der Narzisst, irgendwie fehlt und mir noch heute zu schaffen macht. Der Narzisst ist mein geschiedener Mann, der heutzutage dement im Heim ist.
Es wäre toll, wenn sich dieser Druck in mir so langsam auflöste ...ich bleibe wachsam.
Guten Abend, ihr Lieben! Erstmal nur ein Gruß, habe eure Posts der letzten zwei Wochen nachgelesen. Es war so interessant, mindestens so interessant oder interessanter als ein Buch.
Jetzt würde ich am liebsten auch viel dazu schreiben, das geht aber nicht mehr, bin mit Handy im Bett. Habe mir aber Notizen gemacht.
@ Sylvestris Das "Mutterthema" betrifft mich auch. Ähnlich wie bei dir ist das Problem ein unterschiedliches Temperament/Naturell. Nichts wirklich Schlimmes ist passiert. Unser Verhältnis zueinander war fast immer gut (bis auf die Pubertät, da bin ich schon quergeschossen und hatte Probleme, und sie mit mir). Und doch gab es ähnliche Schwierigkeiten wie bei dir. Meine Mutter ist ein anderer Typ als ich. "Unruhegeist" beschreibt es für mich auch in einigen Situationen, wenn vielleicht auch etwas abgemildert. Schnell, impulsiver, anpackender, energiegeladen. Auch sensibel, aber trotzdem handlungsorientierter. Sie versteht heute meine Probleme, ist auch sehr hilfsbereit und fürsorglich, aber manchmal war sie eben schnell und nicht sehr empathisch. Ich glaube, damit war ich oft überfordert. Während meiner Grundschulzeit war sie auch sehr leistungsorientiert, hat viel Kontrolle ausgeübt, obwohl ich keine schlechte Schülerin war. In der Pubertät habe ich dann auch heftige Essstörungen entwickelt. Übrigens gibt es einige Ähnlichkeiten: Meine Mutter war auch jung bei meiner Geburt (sehe heute auch beides, Vor-und Nachteile). Und ein Kriegskind, aus Schlesien geflohen mit Mutter und Geschwistern. Früher hat sie davon aber nur mit Energie erzählt. So nach dem Motto: "Das haben wir geschafft. Meine Mutter hat sich nicht unterkriegen lassen." Sie hat überhaupt erst später angefangen, davon zu erzählen.
Ich habe auch schon beobachtet, dass es oft Probleme gibt, wenn Elternteil und Kind ein unterschiedliches Temperament haben, so wie du auch davon schreibst. Bei meiner Schwägerin, Nichte und Neffe gab es damit auch Probleme. Mein Mann hatte dahingehend kein gutes Verhältnis zu seinem Vater. Eigentlich ist das auch ein wichtiges Thema für Familien.
@ Sylvestris Das Video zur Quantenphysik schaue ich mir auf jeden Fall noch an!
@ Lyanna Über deinen Satz "dass ich auch eine Daseinsberechtigung habe..." (sehr verkürzt) habe ich spontan heftig nachgedacht. Ich habe gefühlt, dass er mich auch betrifft. Obwohl es absurd klingt. Ist ja vom Verstand her eigentlich vollkommen klar. Und trotzdem kann man so einen Grundzweifel in sich tragen...Ob bei mir anerzogen oder genetisch bedingt...keine Ahnung. Das sind so ganz vergrabene Sachen. Wäre auch bei mir etwas für die Therapie. Danke Lyanna.
@ Lotte Ich stelle mir die Situation für dich und deinen Mann sehr schwer vor und wünsche dir, dass sich alles gut fügen wird. Das erwarte ich eigentlich für euch. Aber toll, wie mutig du diesen langen Prozess durchstehst. Das Leben ist oft wirklich nicht leicht...
Interessant diese Gemeinsamkeiten. Ein Teil meiner Vorfahren sind Sudetendeutsche
Zitat von Alina61 im Beitrag #2704Ich habe auch schon beobachtet, dass es oft Probleme gibt, wenn Elternteil und Kind ein unterschiedliches Temperament haben, so wie du auch davon schreibst. Bei meiner Schwägerin, Nichte und Neffe gab es damit auch Probleme. Mein Mann hatte dahingehend kein gutes Verhältnis zu seinem Vater. Eigentlich ist das auch ein wichtiges Thema für Familien.
Ja, das ist ein wichtiges Thema. Dass jedes Familienmitglied mit einem anderen Temperament gesegnet ist, ist ja auch normal. Man kann daran wachsen - oder eines nimmt sich ständig zurück, weil es dagegen nicht ankommt. Bei mir haben sich zu meiner introvertierten Art noch andere eher ungünstige Eigenschaften hinzugesellt. Es ist schon fein, wenn das Kind stundenlang in Büchern schmökern kann. Aber was in ihm wirklich vorgeht, das weiß niemand. Es lernt vor allem, wie es Schwierigkeiten aus dem Weg gehen kann, unauffällig sein und dass man Probleme am Besten für sich selbst behält und zu lösen versucht. Und genau so funktionierte das auch mit dem Alkohol trinken. Wenn ich zuviel trank - dann immer für mich alleine und sehr gut vorbereitet; schließlich darf man ja nicht dabei gestört werden ... ist das nicht schräg? Kennst du die Bücher von Sabine Bode? Sie hat einige über Kriegskinder und deren Nachkommen geschrieben. Dort wird diese Sprachlosigkeit sehr schön thematisiert. Dieses Schweigen über traumatische Dinge, die aber wie eine dunkle Wolke über den Familien schweben. Als Kind spürt man, dass da etwas ist, über das nicht gesprochen werden darf - und doch ist es eine Belastung, die nachfolgende Generationen mit sich herumtragen. "Die vergessene Generation" "Kriegsenkel" sind zwei Buchtitel, die mir spontan einfallen. Es geht hier nicht um Schuldzuweisung sondern um Verstehen. Wenn ich mich selbst besser verstehe, so kann ich mit meinen Sorgen und Nöten besser umgehen.
Guten Abend, herzlichen Glückwunsch, Sylvestris, zu zehn trockenen Jahren!
An Debut denke ich auch oft, Lyanna.
Ich habe immer wieder die vermeintliche Leichtigkeit vermisst, die mir der Alkohol anfangs verschafft hat, das Albernsein. Ich bin jetzt auf jeden Fall ernsthafter als früher, ich wäre jetzt so langweilig, habe ich ein paarmal gesagt bekommen. Kann sein, aber die Trinkenden finde ich oft ebenfalls langweilig.
In meiner Familie mütterlicherseits spielt Alkohol eine riesige Rolle. Für die zwei ältesten Schwestern nicht, aber für meine Mutter und die anderen drei Geschwister. Meine Großeltern tranken allerdings nur wenig, soweit ich weiß. Meine Cousins trinken viel, mein Bruder, ich... Meine Mutter erzählt manchmal von ihren Erlebnissen als Kind. Da ist schon einiges verstörendes dabei. Und es gibt Hinweise auf mehrere ADHSler in der Familie.
Ja, tatsächlich, mir fehlt die Leichtigkeit des Seins, und das ist genau das Gefährliche für mich. Ich möchte mal wieder beschwingt, fröhlich und unbeschwert sein und auch über Doofes lachen können ... könnte ich ja auch alles tun ...aber ich kann nicht.
Ich will mich ja nicht besaufen, aber so ein klein bisschen lockerer dürfte es schon sein ... ich will mal mit meiner Freundin darüber sprechen, wie das so bei ihr ist ...sie kennt sich mit dem Thema aus, da selbst betroffen. Wir lachen zwar zusammen, aber im Grunde ist es bei ihr genau so "trocken" wie bei mir.
Oder liegt diese teilweise Freudlosigkeit am Alter? Ich kenne ältere Damen, die sprühen nur so vor Lebensfreude, trinken aber auch gern ein Gläschen oder zwei ... und am Wochenende darfs auch etwas mehr sein. Habe aber noch keine von ihnen volltrunken erlebt.
Ich wollte auch nie betrunken sein, aber ich konnte leider nicht eher aufhören, bevor der Kanal überlief ... schade drum.
Ein überzeugter Antialkoholiker werde ich wohl nie sein ...doch leider kann ich nicht trinken, wenn ich noch weiter leben will. Erneut Alkohol kostet mich wahrscheinlich dann das Leben?
Gehts dir gut, liebe Katta? Schön, dass du mal wieder hier warst ...das freut mich sehr ...
Mir geht's ganz gut, Lyanna. Ich bin dauermüde, nichts neues... Zur Zeit schwankt meine Stimmung öfters, aber überwiegend geht es mir gut. Ich verstehe immer besser, warum ich wie reagiere, fühle, denke, das ist gut. Aber manchmal kommt das Aliengefühl wieder durch und muss aktiv eingehegt werden. Anstrengend. Aber mei, so ist es halt...
Die Leichtigkeit... Gutes Thema, werde ich mal in meinem Kopf bewegen.
Am kommenden Wochenende bin ich in Köln auf einer Tagung und bereite mich darauf vor. Mein Kopf ist damit recht beschäftigt.
Ich habe aber heute wunderschöne Nachrichten bekommen. Ein junger Freund, einer meiner Campingplatzhelfer, hatte heute einen Kontrolltermin wegen seiner kranken Bauchspeicheldrüse. Alles soweit gut, nach 4 Wochen Sorge gab es Entwarnung. Die Bauchspeicheldrüse ist zwar immer noch krank, aber es ist keine akute Gefahr jetzt im Moment.
Vor 4 Wochen sagte der Arzt, wenn der Gang jetzt wieder zu geht, gibt es keine Chance mehr für ihn. Er ist bereits 9 mal dort operiert worden. Eine weitere wird es nicht geben.
"Es geht um die Risiken des Konsums von Cannabis und Alkohol, wobei die gesundheitlichen Folgen beider Substanzen beleuchtet werden. Außerdem wird über den persönlichen Weg zur Überwindung von Suchtproblemen gesprochen und die Bedeutung von Unterstützung diskutiert." (Quelle Augsb.Allgemeine)
Sehenswert - wobei ich dem aufgeblasenen Huber mit seinem "Kulturfimmel" am liebsten durch die Mattscheibe ins Gesicht gesprungen wär.
- Sobriety is not a sad consequence. It's a proud choice. -
Zitat von lyanna im Beitrag #2714Geht es euch gut, ihr Lieben?
Keine Gedanken an Alkohol ..ob, wenn, vielleicht doch mal? ...
Was mich anbelangt - so geht es mit wieder gut ich war etwas zahngeplagt. Aber die Zahnärztin meines Vertrauens konnte mich zwischen ihre anderen Patienten schieben. Ich saß dann zwar eine ganze Weile wartend herum, aber so etwas macht mir nicht viel aus. Zwischen all den krummbuckeligen Smombies kam ich mir vor wie ein Dinosaurier - ich hatte ein Buch dabei Für einen Moment ging mir durch den Kopf - Sylvestris, du könntest jetzt aufspringen und mit allen ein paar schöne Rückenübungen machen. Aber mir stand der Sinn nur nach der erlösenden Spritze (Wenn ich mir sowas wünsche, dann muss es echt schlimm sein) Jedenfalls - die Zahnfee hat mich erlöst von meinem Schmerz und ich konnte die letzte Nacht wieder gut schlafen.
Gedanke an Alkohol? Ne - nichts dergleichen. Letzte Woche waren wir auf Verwandtenbesuch - aber dort stehen mittlerweile so selbstverständlich alkoholfreie Getränke herum ... keiner muss mehr den ganzen Abend auf Mineralwasser herumkauen. Ich finde, in meinem Umkreis hat sich in dieser Hinsicht einiges verändert. Ich bin die einzige, die keinen Alkohol trinkt, die anderen so mehr oder weniger - aber keiner übertreibt's. Das war früher anders. Es ist, als hätte sich der Pegel auf ein niedrigeres Nieveau eingependelt. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass man zwar immer noch über alles Mögliche diskutiert, aber es wird nicht mehr so persönlich. Ja - doch - Alkohol ist ein gesellschaftlicher Schmierstoff. Er kann das Zusammenleben einfacher und geschmeidiger machen - man kann aber auch ganz fies damit ausrutschen.
Ich hoffe, ihr alle befindet euch wohl - ich jedenfalls bleib dabei - es hat sich sowas von gelohnt.
Das liest sich gut, Syl, ich fühle mit dir und deinen gehabten Zahnschmerzen, gut, dass die Zahnfee dich erlöst hat von den Schmerzen. Ist der Zahn raus?
Toll, dass du keine Ideen hin zum Alkoholtrinken hast ..und du beobachten kannst, dass sich das Trinkverhalten in deiner Umgebung verändert hat. Ich kenne das bei mir anders, wie ich ja schon schrieb. Manchmal erschreckt es mich, anderseits denke ich, ich kann im Kopf ja alles durchspielen, was ich möchte, meine Phantasie reicht aus, um den schlimmsten Fall zu simulieren, weil ich den letztlich nicht vergessen habe ... ich kann die schambestzten Gefühle dazu abrufen, immer und jederzeit. Sie begleiten mich ja manchmal heute noch und haben ein weites, zerstörtes Feld hinterlassen, das aber ganz langsam wieder zu blühen beginnt.
Nur wenn ich überlege, vielleicht zum Lebensende hin doch mal, weil ich wissen möchte, wie es ist ...naja, ich mache ja keinen Hehl daraus. Auch in der Gruppe würde ich es sagen, auch mit dem Wissen, dass dann die heilige Ordnung in der Gruppe zusammenbrechen würde ... weil alle auf mich einreden würden. Jedenfalls bei uns war das so. Und ein Gruppenfuzzi drehte bei solchen Ansagen fast durch ...er wurde laut ...das haben wir ihm untersagt. Er fühlte sich durch solche Ansagen selbst ertappt.
Auf alle Fälle habe ich in der Gruppe mehr lernen dürfen als hier allein zuhause, aber auch viel Unnützes gehört ...was gut zum "Erkennen" war. Hier bei mir ist auch keiner, der das, was ich in Bezug auf Alkohol sage, annähernd nachfühlen könnte ...also schreibe ich noch ein bisschen.
Jedenfalls bin ich froh, dass es dir wieder gut geht, Syl, ich bin tatsächlich froh, auch wenn wir uns in echt gar nicht kennen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass wir uns doch kennen ...zumindest ein bisschen und was den Alkohol betrifft.
Und was den Alkohol betrifft stelle ich am Ende meiner Überlegen zum Schluss fest: es lohnt sich nicht, wieder anzufangen, auch nicht auf den letzten Metern ...wozu auch?
Ich will nicht, ich kann nicht, ich brauche ihn nicht! Das ist auch ein schönes, freies Gefühl ...
Zitat von lyanna im Beitrag #2716 Manchmal erschreckt es mich, anderseits denke ich, ich kann im Kopf ja alles durchspielen, was ich möchte, meine Phantasie reicht aus, um den schlimmsten Fall zu simulieren, weil ich den letztlich nicht vergessen habe ... ich kann die schambestzten Gefühle dazu abrufen, immer und jederzeit. Sie begleiten mich ja manchmal heute noch und haben ein weites, zerstörtes Feld hinterlassen, das aber ganz langsam wieder zu blühen beginnt.
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Jedenfalls bin ich froh, dass es dir wieder gut geht, Syl, ich bin tatsächlich froh, auch wenn wir uns in echt gar nicht kennen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass wir uns doch kennen ...zumindest ein bisschen und was den Alkohol betrifft. ...
Dieses Gefühl der Scham kann ich auch noch abrufen. Ich sehe mich dann vor der Couch auf dem Boden kauern, gänzlich ohne Hoffnung, weil es mir wieder nicht gelungen war nach einem Glas aufzuhören. Bei jedem Einkaufen der Rotweinflaschen noch voller Tatendrang, kehrte ich mit einem dumpfen Ziehen in der Magengrube nach Hause zurück: Ich würde es wieder nicht schaffen, nach einem Glas den Rest der Flasche für den Tag danach aufzuheben. Ich war ja sogar dazu übergegangen, mir diese kleinen Weinflaschen zu holen. Ich dachte tatsächlich, ich könnte mich überlisten ... Dieses Zum-Weinregal-gehen ... In-den-Korb-legen ... das schien irgendwie automatisch, das war nicht ich, das war etwas, das ich nicht sein wollte. Während ich diese Worte schreibe, habe ich doch tatsächlich eine Gänsehaut.
Ich denke, in dieser Hinsicht kennen wir uns gut, liebe Lyanna. Wir wissen nicht nur über den Sog, den Alkohol entwickelt (was nutzt all das Wissen, wenn Seele und Körper nicht mitspielen) - nein, wir haben ihn mit jeder Faser unseres Daseins gespürt.
Ob ich wieder rückfällig werden könnte? Ich bin ehrlich - ich weiß es nicht. Möglicherweise in einem Moment des Leichtsinns? Möglicherweise in einem Zustand größtem Schmerzes. Da muss ich an deinen Tommi denken oder an Zombi (ich hoffe, sie kommt allmählich besser zurecht); allein der Gedanke, die Liebe meines Lebens könnte nicht mehr da sein .... darüber darf ich nicht nachdenken.
Zitat von Sylvestris im Beitrag #2717 Dieses Gefühl der Scham kann ich auch noch abrufen. Ich sehe mich dann vor der Couch auf dem Boden kauern, gänzlich ohne Hoffnung, weil es mir wieder nicht gelungen war nach einem Glas aufzuhören. Bei jedem Einkaufen der Rotweinflaschen noch voller Tatendrang, kehrte ich mit einem dumpfen Ziehen in der Magengrube nach Hause zurück: Ich würde es wieder nicht schaffen, nach einem Glas den Rest der Flasche für den Tag danach aufzuheben. Ich war ja sogar dazu übergegangen, mir diese kleinen Weinflaschen zu holen. Ich dachte tatsächlich, ich könnte mich überlisten ... Dieses Zum-Weinregal-gehen ... In-den-Korb-legen ... das schien irgendwie automatisch, das war nicht ich, das war etwas, das ich nicht sein wollte. Während ich diese Worte schreibe, habe ich doch tatsächlich eine Gänsehaut.
Ich denke, in dieser Hinsicht kennen wir uns gut, liebe Lyanna. Wir wissen nicht nur über den Sog, den Alkohol entwickelt (was nutzt all das Wissen, wenn Seele und Körper nicht mitspielen) - nein, wir haben ihn mit jeder Faser unseres Daseins gespürt.
Danke dass es euch gibt
Danke liebe Syl, diese Beschreibung habe ich gebraucht, um auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen und zu wissen, es gibt noch jemanden, der sich genau erinnern kann. Davon würde ich in einer Gruppe hören, aber da komme ich keinesfalls mehr hin, auch nicht, wenn mich jemand abholen würde ...
So traurig wie es eigentlich ist, war es mir eine "Wohltat", deine Zeilen zu lesen und nun zu schauen, wielang die Wirkung deiner Worte anhält? Ich bin es ja schon gewohnt, hin und wieder "andere Gedanken", nicht förderliche Gedanken zu haben, die mich jedesmal doch erschrecken, weil ich es als merkwürdig erachte, nach all den Jahren noch sowas zu denken.
Andrerseits hoffe ich, dass solche komischen Gedanken von Mal zu Mal weniger werden und sich auch nicht mehr so aufdrängen ...
Dein Post hat mir auch einen kleinen Schauer beschert, weil ich mich drin wiedererkennen kann ...nur Rotwein war es nicht mein Ding ... hauptsache etwas, was mich mich etwas eingehüllt fühlen lässt ...und auch etwas tumbig...und fröhlicher, leichter sein lässt
Ich hatte letztens so eine kleine Unsicherheit. Oder besser, eine Irritation. Der ADHS-Psychiater meinte, so habe ich es zumindest gehört, bei ADHS wäre es oft gar keine Sucht, sondern der Versuch einer Selbstbehandlung, streckenweise würde das ja auch funktionieren, mit Nikotin noch besser. In den ersten Tagen hatte ich das einfach vergessen und irgendwann poppte doch der Gedanke hoch, ob ich es irgendwann wieder probieren könnte? Das war gar kein drängender Gedanke, nur eine Überlegung. Aber so ein bisschen hat er sich festgesetzt. Ich habe das einem Freund erzählt, der seit Jahrzehnten fast gar keinen Alkohol mehr trinkt, weil er ihn nicht gut verträgt. Er fragte, "was hättest du davon? Du kommst super zurecht. Und bei mir ist es ja so, ich könnte zwar trinken, will aber gar nicht. Es ist überhaupt nicht nötig." Das hat mich wieder geerdet. Es ist nicht nötig.
Ich bin allgemein in einer etwas schwierigen Stimmung. Ich hatte Urlaub und bin zum ersten Mal wieder in die Stadt gefahren, in der mein Lebensgefährte vor dreieinhalb Jahren beigesetzt wurde. Meine Cousine hat mich begleitet und danach war ich mit einer Bekannten ein paar Tage wandern. Im großen und ganzen war es ein sehr schöner Urlaub. Und trotzdem bin ich etwas angeschlagen.
Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass ich nie wieder rückfällig werde, derzeit ist das aber kein Thema. Und das war es auch in den letzten 15 Jahren nicht. Manchmal, selten, habe ich eine kleine Wehmut, die innerhalb von ein paar Minuten wieder vorbei ist.
Die Erinnerung daran, dem Alkohol ausgeliefert zu sein, die Scham... ist beklemmend, aber die brauche ich auch immer wieder mal, um nicht übermütig zu werden.
Da schreibste was, liebe Katta ... ich habe es zwar nicht so erfahren, wie der Bekannte es dir gesagt hat ...dh. ich will nicht, ich kann nicht, ich brauch nicht ... ist im Grunde dasselbe, nur mit anderen Worten. Ich will ja gar nicht, und ich lebe gut ohne Alkohol, diesbezüglich fehlt mir nichts ...aber hin und wieder hätte ich gern einen kleinen Glimmer, dh. die Leichtigkeit, die ich von früher kenne und auch nicht vergessen habe ... Eine gewisse Unbeschwertheit in manchen Situationen...
Mich hat doch tatsächlich eine Interpretation verunsichert, die etliche Ärzte schon von etlichen Jahren gemacht haben ... in meiner Krankenakte stand ua. Patientin spicht von Alkoholismus ...wenn, dann nur sekundär. Medikamente standen ausser Frage ... dabei war Alkohol die NR1 ...
Ich habe die Krankenakte zu einer notwendigen Untersuchung mitbekommen und unterwegs gelesen.
Ich weiss es besser, aber dass ich es 100%ig weiss, ist erst später durch "arbeiten an mir und erinnern an vergangene Geschehnisse" bestätigt. Dennoch geistert mir die Aussage der Ärzte hin und wieder durch den Kopf. Ich könnte sie ja vergessen, ich kann aber nicht ...
Danke, dass du geschrieben hast, liebe Katta, für mich ist immer was dabei, etwas, was mir ohne Austausch doch fehlt.
Bei mir zieht der Gedanke an Alkohol auch wieder vorbei ...manchmal sofort, manchmal dauert es ein Weilchen, dann schreibe ich ...das "hilft" mir ....
Da sagt Ihr was. Sekundärer Alkoholismus, steht bei mir auch. Seit Jahren und mein Alkoholismus hat nicht mal mehr Relevanz für meinen GDB.
Katta, hat meine Psychologin auch gesagt. Wenn mein ADHS früher diagnostiziert worden wäre und ich Medikament bekommen hätte, wäre ich nicht süchtig geworden.
Ich konnte kontern, dass das JETZT nichts mehr nützt. Die Bremse habe ich kaputt getrunken.
Genau wie bei Katta, wollte mein Hirn mir erzählen....hmmmm...vielleicht doch keine "echte" Alkoholikerin.
Dabei sehe ich mich nicht als ehemalige Amateurin in Sachen Alkohol. Ich bin jetzt eine und DAS geht nicht mehr weg.
Ausprobieren...könnte ich. Habe aber kein echtes Interesse daran.
Ich habe auch mal überlegt was mich wieder zur Flasche bringen könnte.
Im Grunde alles und gleichzeitig nichts.
Schwer zu verstehen Die Gedanken sind immer der Situation bedingt.
In der Gruppe habe ich gelernt "zu Ende denken" Das ist so eingeschliffen, läuft fast automatisch.
Heute haben wir wieder vom Tod eines Freundes aus AA erfahren, so wie es aussieht ist er trocken geblieben bis zum Ende.
Wenns mal so richtig bewusst ans Sterben geht, vielleicht wünsche ich mir dann den letzten Rausch. Vielleicht bin ich dann auch so ehrgeizig und will trocken bleiben bis zum letzten Atemzug.
Ich weiß HEUTE nur, dass ich HEUTE nicht trinke.
Und jaaaaa Ich hätte super gerne diese Tabletten früher gehabt. Bin überzeugt dass ich dann wirklich auch studieren hätte können.
ADSler bleiben schwer an was dran und vereiteln sich gerne. So hätte ich das Studium nie geschafft.
Heute ist das auch nicht weiter wichtig. Wichtig ist, ich weiß endlich was mit mir los war.
Ich finde es nicht mal ärgerlich, dass ich Alkoholikerin wurde. Hätte vieles nicht lernen dürfen UND meinen Mann niemals getroffen.
Sekundärer Alkoholismus - das klingt ein bisschen, hm, "nicht so schlimm". Ich habe gerade die Definition nachgeschlagen, den Begriff kannte ich bisher nicht.
Aber es macht tatsächlich im Endeffekt keinen Unterschied für mich, die Bremse ist kaputt.
Zitat von Katta im Beitrag #2724Sekundärer Alkoholismus - das klingt ein bisschen, hm, "nicht so schlimm". Ich habe gerade die Definition nachgeschlagen, den Begriff kannte ich bisher nicht.
Aber es macht tatsächlich im Endeffekt keinen Unterschied für mich, die Bremse ist kaputt.
Mich hat dieser Ausdruck längere Zeit verunsichert, und von Zeit zu Zeit tut es das immer noch. Dabei weiss ich, was ich weiss, doch ich muss den Ärzten ja nichts beweisen diesbezüglich ...ich weiss ja selbst, was mit mir los war. Dennoch hat es einen gewissen Einfluss, wenn mal wieder der Gaul gedanklich mit mir durchgeht. Die Ärzte müssen ja nicht ausbaden, wenn ich mich meinen Gedanken hingebe ... da muss ich dann wieder alleine durch ...und das will ich auf keinen Fall.
Vielleicht ist das auch die Meinung der Ärzte, wenn Mensch noch nicht völlig verwahrlost und abgewrackt aussieht? Egal ...es klingt für mich auch so, wie du schreibst, Katta .... "nicht so schlimm" Ich selbst weiss, dass es schlimm war, viel zu schlimm!