Meine Freundin jedenfalls kann mit sich wohl ganz gut umgehen. Dass es mich anstrengt, wenn sie ständig unruhig ist, ist sicherlich mein Ding. Aber ich halte es natürlich aus, wenn wir uns mal ein, zwei Stunden treffen. Und sie hält es aus, wenn wir uns mal ein, zwei Stunden treffen. Aber ich könnte zb nie mit ihr einen Urlaub verbringen.
Guten Abend, mit weit über 50 habe ich letztes Jahr meine Diagnose erhalten und damit erklärt sich so vieles, warum ich mich in meinem Leben schwertue. Ich habe schon lange wiederkehrende Depressionen und ebenfalls eine Suchterkrankung. Ich bin seit 15 Jahren trocken.
HSP war der erste Erklärungsversuch, warum ich bin, wie ich bin. Das deckt vieles ab, aber erklärt nicht alles. HSP und ADHS sind oft vergesellschaftet.
ADHS ist eine neurobiologische Erkrankung, eine Hirnfunktionsstörung. Da ich immer gut funktionierte, mich super anpassen kann, kam niemand auf die Idee, dass ich ein anderes Problem haben könnte außer Faulheit, wenn mich etwas nicht interessiert, alles mögliche anzufangen und nichts fertig zu machen. Mir hätte viel erspart bleiben können, aber immerhin weiß ich es jetzt.
Und ja, die Diagnose hilft mir, mich besser zu verstehen, netter zu mir zu sein.
Ich bin wohl auch betroffen, wenn auch nicht offiziell diagnostiziert.
Zwischen 20 und Ende 30 konnte ich einige Symptome mit Disziplin ausgleichen. Nun gelingt mir - 46 - das immer schlechter. Meine Zerstreutheit, die Prokrastination, die Überforderung durch z.B. Menschenmaßen,...
Ich habe in den letzte Monaten daran gearbeitet, mir Strategien zurechtzulegen wie ich besser mit meinen Symptomen umgehen kann. Ich habe gelernt wie ich mir meine Zeit einteilen muss um ausreichend Alleine-Zeit und Schlaf zu finden. Die Prokrastination versuche ich einzudämmen mit kleinen Tricks - gelingt manchmal, sicher nicht immer.
So versuche ich mein Leben besser in den Griff zu bekommen.
Zitat von eva im Beitrag #28 Ich erfahre gerne wie ich anderen gegenüber klar komme Ohne H sind aber auch eher die,die weniger auffällig sind.
Das verstehe ich nicht. Du bist eben, wie du bist. Das ist vielleicht das einzige, was du anderen mitteilen kannst: dass du eben zerstreut bist und zappelig und was weiß ich und es nicht unter Kontrolle hast oder nicht ändern kannst. Denn dadurch wirst du vielleicht am ehesten Akzeptanz ernten.
Ohne H bedeutet ohne Hyperaktivität. Ich rede zwar mit Unterstützung meiner Hände, aber auch nur wenn ich mich ereifere.
Ich zappel nicht, IN mir ist allerdings selten Ruhe. Ich habe oft das Gefühl in verschiedenen Schichten gleichzeitig zu denken. Gedanken kommen vom Hölzchen aufs Stöckchen.
Jahrmarkt u.ä. überfordern mich schnell, das ging früher bis zu Panikstörungen mit Hyperventilieren.
Ich fühle mich oft unfähig, ich habe keine Erinnerung wann ich einmal das Haus verlassen habe ohne was zu vergessen.
Beim Autofahren sieht mein Mann Dinge am Straßenrand, die ich null wahrnehme. Ich fahre manche Strecken zum 10.mal und würde behaupten "hier war ich noch nie"
Dies führt alles dazu sich "doof" zu fühlen und daraus resultiert dann schnell eine Depression.
Um Abends mal Ruhe im Kopf zu haben, griff ich zu Wein und wurde abhängig. Seit 6 Jahren trocken.
Ich war fast immer in Therapie und letztlich kam ich selbst darauf.
Seit ich Medikinet nehme führe ich wirklich ein angenehmes Leben.
Schade dass ich das erst mit 65 geschnallt habe.
AdHS das "gab" es zu meiner Schulzeit nicht und später war es den Jungs vorbehalten.
Die Mädels ohne Hyperaktivität waren höchstens Träumerle.
Ich möchte einfach den Blick schärfen UND ich möchte das es nicht als "neumodischer Kram" abgetan wird.
Ihr kennt sicher den "Hans guck in die Luft" und auch die Geschichte vom "Zappelphillip"
Einer hatte wohl ADS, der ander AHDS
Und es kann Hilfe geben.
Ich hoffe auch für jedes Kind, dass es erkannt wird und entsprechend gefördert.
Danke für Deinen offenen Beitrag. Ich weiß nicht wie alt Du bist, bei mir waren die Wechseljahre die blanke Katastrophe. Schilddrüse dann auch noch entgleist, ich stand echt kurz vor der Einweisung in die Psychiatrie.
Ich habe dann beruflich ganz stark kürzer getreten und da wurde es besser.
Weisse Decke angucken war meine Art Meditation und ich ließ alles an wirren Gedanken zu....und halt auch vorbei ziehen.
Voretztes Jahr ging ich in Rente und das 1. Jahr war okay.
Bis mein Mann mich aufmerksam machte, ich hänge nur noch am Handy und Prokrastination war mein 2.Name.
Struktur brauche ich und deshalb gehe ich auch an 2 halben Tagen wieder arbeiten. Einfach um einen zeitlichen Rahmen zu schaffen.
Ich war früher auch besser im Kompensieren. Viele Jahre habe ich Alkohol und Nikotin dazu benutzt, ich konnte die Umweltreize besser aushalten, hatte dadurch mehr Energie, war präsenter, und Nikotin machte mich konzentrierter.
Nachdem meine Drogen weg waren, wurde alles noch anstrengender. Und das Gefühl, zu blöd zum Leben zu sein, immer stärker. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass ich eben nicht so viel Energie habe wie andere. Die HSP -Idee hat mir da viel geholfen.
Meine Unordnung hat mich oft zur Verzweiflung gebracht, manchmal wusste ich nicht, wo oder wie ich anfangen soll. Und so geht es dann auch in meinem Kopf zu. Die äußerliche Ordnung ist sehr viel besser geworden.
"in verschiedenen Schichten gleichzeitig zu denken" ist ein gutes Bild, Eva. Bloß verwirbeln die Schichten bei mir oft. Und ich verliere den Überblick.
Ich nehme seit letzten Dezember auch Medikinet. Und habe das Gefühl, endlich meine Gedanken sortieren zu können, Unangenehmes anzugehen, aufmerksam zuhören zu können. Ich bin so froh, dass es diese Möglichkeit gibt.
Sinnieren kann ich bei monotonen Arbeiten allerdings auch. Heute habe ich beim Autofahren darüber nachgedacht, wie dieses Schicht-Denken funktioniert.
Es entsteht dann was ein Dialog mit mir selbst. Leider habe ich dann die Abfahrt verpasst.
Klar, jeder ist mal verpeilt oder vergisst was, aber doch nicht täglich und immer zu.
Ich frage mich echt manchmal wie anders mein Leben hätte sein können. Hilft ja nichts, tut aber gut zu wissen, warum ein Studium für mich nicht in Frage kam.
Ich hätte mich einfach nicht organisieren können. Später in der Selbständigkeit war die Buchhaltung die reine Hölle.
Nicht die Abrechnung, sondern einfach die ganzen "Zettel"
Ich glaube ich habe jeden Tag 1 Stunde mit Suchen verbracht. Ich suche im Grunde immer was.
Heute im Parkhaus bezahlt und an der Ausfahrt total panisch die Ausfahrkarte gesucht.
Kein Wunder dass meine Nerven davon dauernd strapaziert wurden.
Heute hatte ich nur privates zu erledigen und deshalb kein Medikament genommen
Morgen fahren wir in Urlaub und ich werde auch dann Medikamente nehmen, es fühlt sich einfach ruhiger und bedächtiger an.
Genau, das Suchen. Ich bin froh, alle Fahrkarten und viele andere Tickets auf dem Handy zu haben, ich müsste sonst immer noch ständig in meiner Tasche wühlen. Und nochmal: genau! Jeder hat mal verpeilte Phasen, aber ich habe sie immer. Es gibt schon Tage, an denen passiert wenig, ich haue mich nicht ständig an, verliere nichts, aber diese Tage sind selten. Seit ich alleine lebe, fällt einiges gar nicht auf. Im Zusammenleben waren meine Unordnung und Unorganisiertheit aber immer wieder Thema und auch Gründe für Streits.
hatte ich gesehen und war etwas enttäuscht. Gut, für jemanden der gar nichts damit anfangen kann, wie sich das alles anfühlt, dem kann der Bericht vielleicht einiges erklären. Mir ging es allerdings eher in die Richtung "haben nicht alle ein bisschen davon"? Herr Hirschhausen vermutet es ja auch für sich. Sein Leidensdruck ist wohl nicht hoch genug um sich zu testen.
Wer nicht extrem betroffen ist, oder ganz klar Medikamente diesbezüglich kategorisch ablehnt, der braucht natürlich auch keinen Test.
Methylphenidat braucht nunmal ein BTM Rezept und das bekommen Betroffene natürlich nur, wenn die Diagnose gesichert ist.
Soweit ich informiert bin, machen diese Test Psychiater oder Therapeuten mit Zusatzausbildung.
Ein Therapeut oder aus Hausarzt könnte testen, für Medikamente ist jedoch dann der Facharzt zuständig.
Tests im Internet gibt es haufenweise. Ich habe dann den Bogen "HASE-Test" in der Psychiatrischen Ambulanz bekommen. Der wurde von mir, wie auch von meinem Partner, meinem Sohn und meinem langjähriger Therapeut ausgefüllt ausfüllen.
Beim Psychiater gab es dann as Rezept. Das 1. Medikament hat dann nicht gepasst. Ich hatte Nebenwirkungen und bei den Blutuntersuchung und EKG war dies zu sehen. Auch Schilddrüsenwerte werden engmaschig kontrolliert.
Das jetzige Medikament passt, keine Nebenwirkungen, ich spüre nur Vorteile.
Schilddrüsenerkrankung wie zB Hashimoto sollten unbedingt auch untersucht werden.
Ich habe Hashimoto
1.hat Hashimoto oft ähnliche Symptome 2. ist Hashimoto eben auch oft zusätzlich vorhanden und erschwert dadurch die Diagnose.
Gleiches gilt für Depressionen.
Das sind oft komorbide Erkrankungen, die den Blick auf AD[H]S verschleiern.
Gerade bei fehlendener Hyperaktivität ist die Störung lange unerkannt.
Statt Zappelphillip war ich als Kind verträumt und vergesslich. Meine Unruhe ging nach innen und ich war zB Nägelkauerin.
Weil ich trotzdem gute Noten hatte, hat das alles nicht interessiert.
In den 60ger Jahren "gab" es das einfach nicht.
Heute, nach dem ich mich selbst informiert habe, weiß ich, auch meine Mutter hatte ADS.
Sie war übrigens Abhängig von Phsychopharmaka. "Man" dachte, das käme von Erlebnissen und Trauma aus der Flucht. Sicher trug das auch dazu bei.
Ihre Schusseligkeit und die Verzweiflung darüber, habe ich heute noch im Gedächtnis.
Sich selbst "doof und unfähig" fühlen ist für mich der größte Leidensdruck gewesen.
In der Rente gab es dann gar keine Erfolge mehr, deshalb war mir die Diagnose dann so wichtig.
D.h. man muss erstmal selbst vorstellig werden. (Ich wundere mich eben immer, dass meine ADH Freundin so gar nichts unternimmt, aber sie findet sich wohl OK und nur die anderen, die mit ihr ..., doof.)
(Eine online Test hab ich auch mal gemacht, aber trotz aller seltsamkeiten bin ich weit davon entfernt.)
Ob jemand eine Behandlung/Therapie machen will, ist eben eine ureigene Entscheidung.
Ich kenne den Gedanken sehr gut, ob ich durch Medikamente einen Teil meiner - mir durchaus auch liebgewonnenen - Persönlichkeit verlieren würde. Das führt natürlich zur Frage: Was ist Persönlichkeit? Was ist Krankheit? Was hat für mich als Betroffene Krankheitswert? Und was hat für meine Umwelt eventuell Krankheitswert?
Ich habe mit wiederkehrenden Depressionen zu tun, die höchstwahrscheinlich eine Folge der ADHS sind, wie ich jetzt weiß. Als ich eine andere Art von Antidepressivum bekommen habe, fühlte ich mich seit langem wieder als ich selbst. Nur ein bisschen besser. Als wäre ein Schleier weggewischt worden, was sich im Nachhinein erklärt, es ist in Amerika auch als ADHS-Medikament zugelassen (hier inzwischen auch?). Aber ich kann deine Bedenken gut verstehen, bazeba.
Ich fühle mich mit dem Medikinet nicht, als wäre meine Persönlichkeit verändert. Ich kann aber z.B. besser zuhören, meine Arbeit ohne zig Flüchtigkeitsfehler erledigen, werfe nicht dauern etwas um, ich verliere in Besprechungen nicht mehr den Überblick und fasle irgendwas... Ich bin konzentriert und nicht mehr so leicht ablenkbar. Das sind durchaus Änderungen, die gut sind. Aber sie verändern nicht mein Wesen. Mein Leben wird ein bisschen einfacher. Ich bin sehr froh darüber.
Jetzt im Vergleich merke ich erst, wie verpeilt und ungeschickt ich eigentlich bin, da das aber mein "Normal"Zustand ist, fand ich das nicht weiter bemerkenswert, "ich bin halt so doof", das ist oft peinlich, störend, manchmal gefährlich und/oder teuer. Und es tut meinen Selbstwert überhaupt nicht gut, oft zu scheitern, wieder was nur halbgar gemacht zu haben, dieselben Fehler zu wiederholen, dauernd etwas zu vergessen, zu verlieren, zu suchen... Falsche Züge, Probleme mit der Zeit...
Jetzt, wo ich weiß, was es damit auf sich hat und dass es auch anders gehen kann, bin ich sehr viel freundlicher zu mir selbst. Und es gibt ja auch positive Auswirkungen der Störung. Die muss man aber auch erst als gut erkennen.
Für mich als eher strukturierte Person ist es z.b schleierhaft, wie man es immer wieder schaffen kann, Züge zu verpassen, nicht pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, einen Termin zu vergessen, Verabredungen zu verpeilen und so weiter.
Einmal allerdings habe ich meine Freundin dabei erlebt, weil ich sie besuchte: sie hatte einen Termin, hätte in 10 Minuten gehen müssen und fing erst einmal an, in Seelenruhe Wasser für einen Tee zu kochen und dann Tee zu trinken. Mir wäre sowas nie passiert! Wenn ich weiß, dass ich in 10 Minuten los muss und noch etwas trinken möchte, trinke ich Wasser. Sie hat tatsächlich noch seelenruhig Tee abkühlen lassen (denn huch, er ist ja ganz heiß!), getrunken und ist erst 20 Minuten später oder so losgegangen, kam natürlich zu spät und hatte wieder mit Ärger der anderen Person, zu deren Treffen sie zu spät kam.
Ich habe das eine Zeit lang fast "persönlich" genommen, zumindest habe ich diese Person Absicht unterstellt. Nämlich die Absicht, es sich selber immer gut gehen zu lassen, zur Not auf Kosten der anderen. (Ein bisschen ist es ja auch so.)
Denn für mich z.b ist es ebenfalls fast schleierhaft, dass man eine Zeitspanne von fünf oder zehn Minuten nicht abschätzen kann. Fast, weil, seit ich nicht mehr gesund bin, ich auch mehr Zeit brauch, so dass die früheren fünf Minuten inzwischen 10 Minuten sind. (Aber trotzdem bin ich nach wie vor eher überpünktlich. Eigentlich seltsam.)
Also für mich als sehr pünktliche Person es ist sehr interessant, was ihr über euch schreibt, und mir hilft es vielleicht auch, die Leute zu verstehen, die ein bisschen "verpeilt" sind.
Ich habe ziemliche Probleme mit der Einschätzung von Zeit. Irgendwann habe ich festgestellt, dass mir sehr oft 20 Minuten fehlen. Z.b. Ich muss demnächst aus dem Haus, mache noch kurz (haha) was, schaue auf die Uhr und 20 Minuten sind vergangen. Ein paar Monate vor dieser Erkenntnis hatte ich eine TIA und das Zeitproblem darauf geschoben, aber es ist mir halt erst da so richtig bewusst geworden. Vorher kam ich halt zu spät oder viel zu früh. Inzwischen bin ich meistens zu früh bei Terminen, ich selbst mag es auch gar nicht gerne, auf meine Verabredung zu warten.
Mir ist früher nur aufgefallen, dass ich Erinnerungen sehr schwer zeitlich zuordnen kann. Nur dann, wenn ich etwas entscheidendes erlebt habe wie z. B. diese TIA, habe ich wieder Koordinaten, an denen ich mich orientieren kann. Und dann ist es auch möglich in Jahren zu denken. 2013 ist das passiert, im Jahr drauf jenes...
Dummerweise kann ich mich auch mit Google Maps ganz sagenhaft verfahren. Freunde, die außerhalb wohnen, rechnen von Haus aus eine halbe Stunde später mit mir, obwohl ich wirklich pünktlich losfahre. Seit Medikinet bin ich noch nicht oft weiter gefahren, ich hoffe doch, dass sich da auch was bessert. Da ich sehr gerne Auto oder Roller fahre, bin ich dabei sehr konzentriert, nur mit der Navigation klappt es halt manchmal nicht.
Ein Freund von mir ist extrem unpünktlich, ich hasse das und habe ihn nicht nur einmal deswegen zusammengefaltet. Er findet nicht, dass er ADS hat, meine Küchendiagnose besagt was anderes. Denn er ist auch ganz erheblich zeitblind. Ich glaube mittlerweile auch, dass sich ADHSler gegenseitig anziehen.