Ich stelle mir die Frage, warum thesaurierende ETF vorteilhafter sein sollen, wenn man seinen Sparerfreibetrag ausgeschöpft hat als ausschüttende ETF.
Vielleicht kann mir das jemand erklären. Ich habe nämlich einen und bin momentan damit nicht so ganz glücklich. Vielleicht werde ich glücklicher, wenn ich das besser verstehe.
Nach meinem Verständnis sieht die Situation so aus:
Ausgangslage - der Freibetrag ist ausgeschöpft, Geld wird in ETF angelegt. Um einfacher zu rechnen, gehe ich von einem Startkapital von 100.000 € aus. Derzeit sind die Märkte schwankend und ETF können steigen und fallen. Mein Szenario ist so, daß der Fond erst steigt, dann auch wieder fällt. Nach einigen jahren ist Situation so, daß er wieder auf den 100.000 € steht, zu denen man gekauft hat.
Bei einem ausschüttenden ETF sieht es so aus - Ausschüttung pro Jahr, davon 25 % Kapitalertragssteuer. Ich hab mal einen gängigen Welt-ETF rausgesucht - so sähe es überschlägig aus:
Gesamte Dividende über den Anlagezeitraum 7.245,00 € bezahlte Steuern: 1.811,25 € Verbleibender "Gewinn": 5.433,75 €
Beim Verkauf würden keine Steuern anfallen, da der Fond keinen Wertzuwachs seit Kauf erreicht hat.
Jetzt der thesaurierende Fond im Jahr 2022 fällt keine Steuer an, weil der Basiszinssatz auf Null gesetzt war. Für 2023 wurde er auf 2,55 % gesetzt, der Einfachheit halber habe ich den in der Höhe weitergeführt (es sieht aber eher so aus, als ob der erhöht wird, dann ist der Steuerbetrag noch höher)
Es gibt keinen Gewinn, weil es keine Ausschüttung gab. Beim Verkauf würden keine Steuern anfallen, da der Fond keinen Wertzuwachs seit Kauf erreicht hat. Die Steuern habe ich mit diesem Programm errechnet: https://www.finanzfluss.de/rechner/vorabpauschale-berechnen/
Ich bin mit der Besteuerung von ETFs nicht gut vertraut, aber die Steuerbasics gelten auch hier. Und wir sollten für die Nerven aller kurz klarstellen, dass wir hier über ein sehr theoretisches Szenario reden. Frau kauft ETF auf Weltindex mit einem Anlagehorizont von mindestens 10 – 15 Jahre, da sollte dieses Problem auf keinen Fall auftauchen, höchstens Gewinne. Also nun zur Theorie:
Wenn du beim Verkauf keinen Gewinn gemacht hast, aber durch die Steuern Vorabpauschale gezahlt hast, hast du effektiv Verlust gemacht. Der Verlust landet im „Verlusttopf Sonstiges“ und kann mit anderen Erträgen (ETF, Fonds, Dividenden, Zinsen) verrechnet werden. Hast du im entsprechenden Jahr keine Gewinne, wird der Verlusttopf aufs nächste, übernächste, überübernächste Jahr übertragen. Der Verlusttopf verfällt nicht.
Ich denke auch, dass du einen ausschüttenden Fonds nicht mit einem thesaurierenden Fonds 1:1 vergleichen kannst. Der ausschüttende Fonds muss aufgrund der Ausschüttung zwangsläufig einen niedrigeren Kurs haben als der thesaurierende Fonds, insofern geht deine Rechnung nicht auf. Denn für einen korrekten Vergleich müsstest du für die ausgeschütteten Dividenden wieder die Anteile nachkaufen, die im Thesaurier im Kurs enthalten sind.
Das Thema ist zugegeben verwirrend, ich erinnere mich an Diskussionen in einem anderen Forum. Wenn du willst, kann ich danach suchen und dir den Link schicken.
Die Chance klopft öfter an als man meint, aber meistens ist niemand zu Hause. (Willi Rogers)
Ich hatte auf Dich gehofft. Und es ist klar, daß ETF nicht für kurzfristige Spekulationen gedacht sind. Mir ist auch klar, daß der thesaurierende ETF besser verläuft, weil die Dividenden reinvestiert werden (ich thesauriere quasi mit den ausschüttenden selber - aber Du weißt ja - Geld auf der Hand ist besser verständlich als nur virtuelles Geld).
Verlustvortrag verstehe ich eben gar nicht - ich hatte das bis dato noch nicht. Und irgendwo hatte ich z.B. gelesen, daß ich einen Verlust aus einem Aktienverkauf nicht mit einem Gewinn aus Ausschüttungen ETF verrechnen darf.
"Hat man Aktien mit Verlust verkauft, so kann man die Veräußerungsverluste nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen aus dem gleichen Jahr oder den Folgejahren verrechnen. Eine Verlustverrechnung mit Dividenden oder Zinsen ist nicht möglich. Dieses Vorgehen nennt man „horizontalen Verlustausgleich“, da Verluste nur innerhalb derselben Einkunftsart ausgeglichen werden dürfen."
Ich mache die Steuererklärung immer selbst - und bis dato komme ich mit den bis jetzt angefallenen Szenarien gut zurecht. Aber das übersteigt momentan meinen Horizont und ich bin bereit zu lernen.
Zitat von Antje im Beitrag #4Verlustvortrag verstehe ich eben gar nicht - ich hatte das bis dato noch nicht. Und irgendwo hatte ich z.B. gelesen, daß ich einen Verlust aus einem Aktienverkauf nicht mit einem Gewinn aus Ausschüttungen ETF verrechnen darf.
Deutsche Steuergesetzgebung ist nicht einfach. Deswegen gibt es auch nicht einen Verlusttopf, sondern gleich drei. Verlusttopf Aktien, Verlusttopf Sonstige, Quellensteuertopf. Und es gibt zwei Steuertöpfe Aktien und Sonstige, die damit verrechnet werden können. Nicht jeder Verlusttopf kann mit jedem Steuertopf verrechnet werden.
Realisierte Verluste aus Investmentfonds finden im Verlusttopf Sonstiges statt, nicht etwa im Verlusttopf Aktien. Das bedeutet, dass du Verluste aus deinem ETF mit Einnahmen aus Dividenden verrechnen kannst vom Steuertopf Sonstige. Ich hoffe, ich habe das richtig im Kopf. Es gibt aber graphische Darstellungen der Töpfe und deren Verrechnungen im Web.
Reine Aktienbesitzer sind schlechter dran. Wenn die einen Verlust durch Verkauf realisiert haben, dann können sie diesen nicht mit Dividenden verrechnen, sondern nur mit Gewinnen aus Aktienverkauf. Das wiederum weiß ich sicher.
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Ich mein - ich könnte es mir einfach machen, alle meine Unterlagen in einem Schuhkarton sammeln, der Lohnsteuerhilfe beitreten und die das erledigen lassen. Und mit etwas Glück liefe das gut und die Steuererklärung ist fristgerecht erledigt.
Blöd nur: Ich will VERSTEHEN, was ich mache. Und deswegen frickel ich mich bei sowas ganz gerne selber rein und begreife dann wirklich, was wohin gehört. Deswegen kann ich dann auch zu meinen Entscheidungen stehen - selbst wenn sie sich ggf. als Fehlentscheidungen entpuppen - dagegen ist man nicht gefeit. Aber ich weiß zumindest - da hat mich nicht jemand reingeschwatzt - das hab ich selbst falsch entschieden.
(Du hast das Wort Steuererklärung erwähnt und dabei wollte ich doch in dieser Urlaubswoche die Daten für den Steuerberater aufbereiten, was ich aber bisher erfolgreich prokrastiniert habe. Ich hatte jetzt so ein schlechtes Gewissen, dass ich gleich die Tabelle aufgesetzt habe und schon mal die einfachen Dinge eingetragen habe. Immerhin ein Drittel erledigt und erfahrungsgemäß geht es einfacher, wenn man sich erstmal überwunden hat. Vielen Dank, denn das hätte ich sonst weiter vor mir hergeschoben. )
Zurück zu den ETFs. Alles was man selbst kapiert hat, ist wertvoll. Da kann einem keiner was vortricksen. Aber als solider Langfristanleger, der nur in marktbreite ETFs investiert und in schwierigen Börsenzeiten nicht die Nerven verliert, sollte das von dir beschriebene Szenario gar nicht erst eintreten.
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