Das mit den Bänken und Tischen auf dem Friedhof finde ich schön (ich gehe jetzt mal davon aus, dass man sich dort nicht pietätlos benimmt). Etwas mehr Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Tod würde ich mir auch wünschen, ist er doch das einzige was im Leben sicher ist und was jeden von uns irgendwann betreffen wird. Diese Tabuisierung finde ich ungut, und ich glaube, dass Reaktionen wie die von Flaus Freundin auch manchmal aus Unsicherheit geboren sind, etwas falsch zu machen, weil einem die "Übung" fehlt. Nicht dass ich es gut finde, einfach drüber hinwegzugehen, ein "Es tut mir leid für dich" wäre ja nicht so schwer gewesen. Aber gerade Menschen, die selbst noch nie mit einem Todesfall einer nahestehenden Person konfrontiert waren, haben da oft eine gewaltige Blockade.
Ich fand es als Teenager schon befremdlich, was für einen Horror viele vor dem Thema Tod hatten. Für mich war der Tod immer etwas, das zum Leben gehört, und ich halte das für ein recht "gesundes" Verhältnis zu dem Thema. Auf die Erfahrung, früh einen Elternteil zu verlieren, kann man grundsätzlich natürlich absolut verzichten, aber es hat mich zumindest einen etwas gelasseneren Umgang mit dem Tod gelehrt und auch eine gewisse Akzeptanz.
Die offene Aufbahrung muss ich persönlich nicht unbedingt haben, wobei es auch sehr darauf ankommt, wie der/die Tote aussieht und überhaupt auf die Umstände. Ich habe selbst ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht.
Meine Oma habe ich am Tag nach ihrem Tod noch mal zu Hause besucht und habe das als traurige, aber auch schöne Erfahrung empfunden. Es tat mir damals gut, mich noch mal persönlich von ihr verabschieden zu können, und sie sah auch ganz friedlich aus und wie sie selbst.
Meinen Stiefvater habe ich gemeinsam mit meiner Mutter beim Sterben begleitet und fand es dann krass, wie verändert er schon aussah, als wir ihn etwa eine Stunde später noch einmal besucht haben. Da ist mir eher der Moment des tatsächlichen Abschieds als ein besonderer Augenblick im Gedächtnis geblieben. Später war das schon nicht mehr "er", irgendwie.
Meinen Schwiegervater haben wir als ganze Familie hinüberbegleiten können. Mein Mann und ich haben von der Möglichkeit, ihn nochmal beim Bestatter zu sehen, Abstand genommen, und ich glaube, das war auch gut so.
Meine erste Tote habe ich schon früh gesehen, ich muss so um die zehn Jahre alt gewesen sein. Es war eine mir unbekannte ältere Frau, die im Leichenhaus des örtlichen Friedhofs offen aufgebahrt war. Ich glaube, meine Tante kannte sie und ich war neugierig und bin mit reingegangen. Das hat mich zwar durchaus berührt, aber null traumatisiert. Es war für mich damals schon ein Bestandteil des Lebens und auch so was wie ein Stückchen Erwachsenwerden.
Allerdings finde ich es schwierig, wenn der Leichnam z. B. bei der Trauerfeier öffentlich aufgebahrt ist, weil ich es besser finde, wenn jeder selbst entscheiden kann, ob er den/die Verstorbene/n noch einmal sehen möchte.
This is a broken world and we live with broken hearts and broken lives but still that is no alibi. (Leonard Cohen)
I would love to live like a river flows,carried by the surprise of its own unfolding. (John O'Donoghue)
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Zur Frage der Aufbahrung oder generell bei Fragen rund um Tod und Bestattung usw empfehle ich das Bestatterweblog.
Wer mag, möge dort nach "Tod in Norwegen" suchen (was heutzutage alles möglich ist) oder "Faschingsschneewittchen" (lustig) oder "Röschen und Kalli" (geht ans Herz). Wobei es auch nicht schadet, sich dort einfach so bischen einzulesen; als mein Dad verstarb, fand ich es irgendwie tröstlich, genau zu wissen, was nun mit seinem Körper geschah.
Zur Frage Aufbahrung offen / geschlossen:
Ich komme aus dem Südwesten Nähe Stuttgart. Bis in die 70er / 80er war es Usus, dass offen aufgebahrt wurde, die schöne Jugenstil-Aussegnungshalle meiner Heimatstadt hat/te einen Anbau mit Aufbahrungzellen, so kleine Kabuffs, in die ein Sarg passte, und man drumherum stehen konnte. Es war üblich, dass nach Abholung durch Bestatter die Toten dort im offenen Sarg aufgebahrt lagen und jeder, der sich dazu berufen fühlte, hingehen und gucken konnte. Am Tag der Trauerfeier war die Familie etwas früher dran, die Trauergemeinde ging zum Seiteneingang rein, wo dann eine kleine Halle war, von der es auf der einen Seite aus in den Gang mit den Aufbahrungszellen ging und auf der anderen in die Aussegnungshalle, die Familie stand dann in oder vor dem Kabuff, und die Teilnehmer der Trauerfeier traten an den Sarg, verabschiedeten sich und kondolierten der Familie. Bei meinem Opa väterlicherseits war ich 9 Jahre alt und wurde in der kleinen Halle bei den Cousinen meiner Mutter geparkt, während die enge Familie vor dem Kabuff stand; bei meinem Opa väterlicherseits war ich 13 Jahre alt und stand mit vor dem Kabuff (also seitlich dazu), wollte meinen Opa allerdings nicht sehen, dh ich hab es geschafft, vor dem Kabuff zu stehen OHNE auch nur einmal rein zu schauen. Kurz vor Trauerfeier wurde dann der Sarg geschlossen, und zum Aussegnungs-GD in die Halle gefahren, wobei besagte Jugenstil-Halle auch über eine Sarg-Versenkanlage verfügt, die zum Einsatz kam, wenn der Verstorbene kremiert werden sollte (man also nicht danach ans Grab ging, wo der Sarg abgelassen wurde).
Inzwischen wurden der Trakt mit den Aufbahrungszellen und der kleinen Halle modernisiert. Als meine Mutter vor einem Jahr in der Heimat bestattet wurde, AussegnungsGD in genau jener Halle, hab ich als nächste Angehörige (die das ganze federführend organisierte und auch bezahlte) die Gelegenheit genutzt, ein paar Tage davor, als ich in der Heimat angekommen war, beim Friedhof vorbei zu gehen und aufgrund des Umbaus zu bitten, man möge mir die nunmehr umgebaute Halle zeigen, damit ich am Tag der Trauerfeier dann weiß, wie, was, wo. Umgebaut wurde aber nicht die historische Halle, sondern nur der angrenzende Teil, dh die kleine Halle und die Aufbahrungszellen. Aufbahrungszellen sind jetzt weniger, es kann nicht mehr jeder rein latschen, sondern Familie bekommt Code oder Chip, um rein zu kommen. Wenn niemand da ist, ist Zelle gekühlt. Und es wurde Rechnung getragen, dass heutzutage idr nicht mehr das ganze Dorf zur Trauerfeier aufschlägt, sondern wesentlich weniger Leute, dh es gibt einen ganz kleinen Raum für sehr kleine Trauerfeiern und einen Nebenraum, der eigenständig für kleinere Trauerfeier genutzt werden kann, in dem aber auch Leinwand hängt, so dass bei großen Trauerfeiern aus der Halle übertragen werden kann.
In meiner Heimatstadt stand der Sarg früher übrigens "offen" in dem Kabuff, dh man hätte den Toten berühren können (keine Ahnung, wie es heute ist, weil der Friedhofsmitarbeiter mir bei dem Rundgang nur eine leere Aufbahrungszelle gezeigt hat). In einem Aussenbezirk in Stuttgart habe ich dann später Ende 80er Trauerfeier Vermieterin besucht, und von weitem kurz in die Aufbahrungszelle gesehen und mich gewundert, dass die so eine Art Schleier über Kopf hatte. Als ich das mal im Freundeskreis ansprach, hieß es "ja, das ist hier normal ...". Es gab also auch kleine regionale Unterschiede.
Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die andern können mich. (Konrad Adenauer)
Gesegnet seien die, die den Mund halten, wenn sie nichts zu sagen haben.(frei nach Oscar Wilde)