Ihr kennt mich aus verschiedenen Treads als launig-fröhliche, gelegentlich nachdenkliche Mitschreiberin. Jetzt und hier mag und muss ich mich anders zeigen, bin allerdings nicht mutig genug, meinen bekannten Usernamen zu nutzen, wenn ich mich offenbare. Seit vielen Jahren öffne ich höchstens ca. einen von 99 an mich adressierten Fensterbriefen. Dass diese sich kulmulativ angehäuft haben, nicht selten auch die böse gelbe Farbe tragen, könnt ihr euch sicherlich vorstellen. Es gab so einige Pfändungen, Kontosperrungen, Kündigungen von Versicherungen etc., das meiste habe ich nicht mitbekommen. Weil eine berufliche Überweisung wegen eines gesperrten Kontos nicht getätigt wurde, war ich einmal sogar im Visier der Staatsanwaltschaft, Vorwurf: Veruntreuung. Hab es regeln können, Verfahren wurde eingestellt.
Seit Jahren denk ich nun, dass ich – privat versichert – auch aus diesem Schutz rausgeflogen bin. Glücklicherweise ziemlich gesund, hab ich auch das prima verdrängt. Gestern war einer der Tage, an dem ich den Brief meiner Krankenkasse mit Todesverachtung geöffnet habe, um festzustellen, dass ich tatsächlich noch versichert bin, wenn auch Zahlungen ausstehen, weil die letzten beiden Raten ausstehen und mir Konsequenzen angedroht werden. Seitdem renne ich herum und versuche in meinen blöden Kopf die Tatsache einzuhämmern, dass ich nicht demnächst ohne jeden Schutz, ohne jede medizinische Hilfe krepieren könnte.
Und denke, dass ich vielleicht insgesamt noch eine Chance habe, diesem meinem Chaos die Stirn zu bieten. Wie, das weiß ich nicht genau, denn gefühlte 3146 Fensterkastenbriefe liegen in allen möglichen Ecken, Schubladen oder unter Teppichen versteckt, noch immer im Haus. Erstmal werde ich die Krankenversicherungsschulden überweisen. Mein Konto ist wieder einmal gesperrt, aber ich habe Bargeld gebunkert, wann immer es möglich war, diese Baustelle kann ich also entschärfen.
Und ich habe mir vorgenommen, ab morgen ankommende Fensterkastenbriefe zu öffnen – die Altlasten an Briefbergen anzugehen ist keine Option, schon der Gedanke daran lässt micht zittern und verzagen. Es ist einfach zu viel.
Warum ich das hier erzähle? Bitte, ich brauche euren Zuspruch, eure Hilfe und Unterstützung, aber auch Kontrolle, um diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Dieses Verhaltensmuster ist so verdammt verfestigt, dass ich mir selbst überhaupt nicht traue. Nicht einmal darin, dass ich es gebacken kriege, die Krankenversicherungsschulden rechtzeitig zu überweisen.
Zitat von Kiss im Beitrag #1Kiss, das steht für Kopf in'n Sand stecken.
schön, dass Du so mutig bist, dieses Muster hiermit zu durchbrechen
Zitat von Kiss im Beitrag #1Warum ich das hier erzähle? Bitte, ich brauche euren Zuspruch, eure Hilfe und Unterstützung, aber auch Kontrolle, um diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen.
Leider sind wir hier/so ein Forum bei so einem gravierenden Problem einfach nicht diejenigen, die Dir w i r k l i c h helfen können.
Zitat von Kiss im Beitrag #1Dieses Verhaltensmuster ist so verdammt verfestigt, dass ich mir selbst überhaupt nicht traue. Nicht einmal darin, dass ich es gebacken kriege, die Krankenversicherungsschulden rechtzeitig zu überweisen.
BItte suche Dir unbedingt gleich morgen professionelle Hilfe, anders ist das leider nicht mehr zu bewältigen!
Du hast den ersten Schritt gemacht indem Du hier geschrieben hast- bitte tu gleich den zweiten Schritt und geh gleich m o r g en !!! zu einer entsprechenden Beratungsstelle oder zu Deinem Hausarzt und sprich das so wie hier ganz offen an- oder drucke es einfach aus und nimm es mit!!
Bitte tu es für Dich, Du siehst doch, wie es weitergehen wird, wenn Du jetzt nicht sofort die Reißleine ziehst!
Es kann wieder besser werden, und das wird es auch, wenn Du Dich j e t z t dafür entscheidest
bin auch dafür, dass du dir da helfen lässt @Kiss...
hast du Personen, denen du dich anvertrauen kannst?
würde es dir helfen, wenn du diesen Kuverts nicht allein gegenüberstündest?
Ich finde toll, dass du dich hier so äußerst! Daumendrück und du bist nicht allein. Das ist ein Problem, das im Grunde alle Beratungsstellen kennen. Daher ist es echt nicht so beschämend, wie es sich anfühlt.
Denk z.. B. an Hämorrhoiden. Für viele total arg und peinlich. Für den Doc oft der 12. in der Woche... Trau dich. Lass dich unterstützen.
Kann dir jemand helfen, die Briefe durchzugehen? In Stapel einzuteilen: a. Altpapier, b. wichtig, aber nicht dringend, c. dringend.
Dich auch danach ein bissl begleiten? Auch bei anderen Dingen, falls du sie brauchst (wie geht's mit Behördengängen etc., sonstigem Schriftverkehr etc)
Woher kommt diese Angst, hast du da eine Idee? Therapie eine Möglichkeit? Ewig ist das ja kein Zustand ... :-/
Könntest Du fürs erste alle Briefe, die jetzt in der Wohnung verteilt sind zusammensammeln in einer Kiste? Nicht aufmachen oder so, aber alle auf einen Haufen und dann in einen Schuhkarton oder auch größeres.
Als ersten Schritt.
Mit der Überweisung gehst Du einfach zu Deiner Bank und läßßt Dir die Überweisung ausfüllen. Vielleicht geht das besser.
„Kaffee redet nicht, Kaffee jammert nicht, Kaffee macht einfach seinen Job.“ Aufsteller vor einem Café in Kreuzberg
Hi Kiss, wie Hair anregt, sammel alle Briefe zusammen. Dann rufe morgen bei einer Schuldner Beratung an. Diakonie, Caritas, die bieten das an. Vielleicht kannst Du googeln nach Adressen in deiner Stadt?
Es wird dauern, da einen Termin zu bekommen, die sind aktuell sehr belegt, deshalb: hast Du in deinem Umfeld eine Person, der Du vertraust? Der Du deine "Schwäche" zeigen kannst und die dir hilft? Du hast es hier geschafft, Du schaffst es real auch. Ich schicke dir jede Menge Mut!!
Selbst bin ich bei ganz gewissen Dingen ebenfalls eine Kopf-in-den-Sand-Steckerin, ich kann das Gefühl - und was das mit einem macht! - also sehr gut nachvollziehen.
Darf ich eine Verständnisfrage stellen? ist die allgemeine Lage, das Chaos, ein Resultat daraus, dass Du absolut keinen Überblick über Deine Finanzen (Eingänge/Ausgänge) hast?
Oder geht es eher um verschusselte Termine und Zahlungsfristen?
Kiss, ich verstehe deinen strang hier so, dass Du dir wünschst, dass jemand mitverfolgt, ob Du die selbstgesteckten ziele einhältst. Ein bisschen druck, um das durchzuziehen und nicht ganz mit dir allein ausmachen zu müssen. Nur zu, hier sind viele zugewandte leser*innen.
Schreib, was Du dir vornimmst und berichte, ob Du es geschafft hast. Oder auch nicht, aber ohne rechtfertigung. Scheitern gehört dazu, und es ist nicht das ende. Alleine schon das niederschreiben kann dir helfen. Wenn Du dann noch merkst, dass andere dich auf dem weg begleiten, finde ich es einen guten ansatz. Auch hier gibt es vermutlich menschen, die fundierte ratschläge geben können.
Aber: allein wirst Du das schlamassel auch mit freundlicher begleitung kaum aufräumen können. Such dir zusätzlich unbedingt hilfe bei profis, im RL. Lass die die sachlichen themen angehen, und hier holst Du dir die emotionale unterstützung und gute tipps.
Für mich klingt es so, als habe sich mit der Zeit durch das Kopf in den Sand stecken ein kleiner "Berg" angetürmt. Daher auch von mir der Rat- wende dich an Stellen wie Diakonie usw. Die können dir helfen, Ordnung ins Chaos zu bringen, können prüfen, ob Anspruch auf Zahlung durch Ämter besteht ( dann wäre zb das KV Problem schnell gelöst).
Nur vorsorglich, bitte keine weitere Nebendiskussion zu der Frage, ob ein Forum überhaupt, gar nicht oder zu einem guten Teil bei so einer Problematik helfen kann.
Ich bin sicher, wir alle wollen Kiss so gut es geht unterstützen, Ideen, vielleicht sogar ähnlichen Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten zu finden, Chancen zu sehen etc.
Viel Kraft, liebe Kiss, hier zu schreiben war ein extrem mutiger, großer Schritt und ich wünsche Dir, daß weitere Schritte bald folgen können.
Alles Liebe. Sternenfliegerin für die Moderation
Danke für einen konstruktiven zugewandten Austausch bei einem so persönlichen Thema.
................................................................................................ I don´t know where I´m going- but I´m on my way... Carl Sagan
Vielleicht geht es auf dem Weg gar nicht darum, irgendwas zu werden. Vielleicht geht es darum, alles abzuwerfen, was wir nicht sind, so daß wir das sein können, wofür wir bestimmt sind. Paulo Coelho
Kiss- Ich finde, Du hast den ersten und zweiten Schritt bereits getan.
Du hast einen dieser Briefe geöffnet und uns davon berichtet. Das finde ich sehr mutig und Du wirst die Situationen bewältigen. Vielleicht schaffst Du es selbst zu sortieren, ich würde mir Hilfe holen.
Vielleicht schaffst Du eine Prioritätenliste - manche Briefe sind wahrscheinlich vielfach geschickt.
Vielleicht kannst Du Dein Einkommen und die Außenstände berechnen und vielleicht ist die Konsequenz eine private Insolvenz. Aber ein „Geht nicht- gibts nicht“!!!
Dir steht Hilfe zu. Ich wünsche Dir den Mut, Dir diese Hilfe zu holen.
Es wird nicht einfach- Dennoch wirst Du mit jedem Schritt freier und erleichterter !
Also nein, ich brauche keine Schuldnerberatung, stehe nicht vor der materiellen Pleite. Das ist alles in den Griff zu bekommen, wenn ich es hinkriege, ab jetzt die Briefe zu öffnen. Habe gerade in alten Ordnern geblättert und gesehen, dass ich vor vielen Jahren die formalen Dinge ordentlich sortiert, erledigt und abgeheftet habe. Das hat mir Mut gemacht, wieder damit anzufangen.,
Und ja, daggy, du skizzierst genau, was ich mir hier erhoffe.
Auch die Idee einer großen Kiste finde ich einleuchtend, allerdings auch arg beängstigend.
Zitat von Kiss im Beitrag #15 ... stehe nicht vor der materiellen Pleite. (...) Auch die Idee einer großen Kiste finde ich einleuchtend, allerdings auch arg beängstigend.
Das ist ja schon mal beruhigend, dass Du finanziell abgesichert bist.
Kannst Du Deine größte Angst - die worst case - diese Briefe betreffend in Worte fassen?
Versteh ich gut, dass das erst mal beängstigend ist. Ich habe Freude daran, Strukturen zu schaffen und Dinge zu ordnen. Bestimmt gibt es in deinem Umfeld auch Menschen, die das gern machen und können. Kannst Du dir vorstellen, Dir jemanden mit ins Boot zu holen? Zu zweit macht es viel weniger Angst.
Zitat von Tabea57 im Beitrag #18 Zu zweit macht es viel weniger Angst.
Ja, absolut!
Noch eine Frage: viele wichtigen Benachrichtigungen bekommt man doch mittlerweile auch per Mail. Öffnest Du Mails von *bedrohlichen* Absendern ebenfalls nicht?
Zitat von Kiss im Beitrag #15 ... stehe nicht vor der materiellen Pleite. (...) Auch die Idee einer großen Kiste finde ich einleuchtend, allerdings auch arg beängstigend.
Das ist ja schon mal beruhigend, dass Du finanziell abgesichert bist.
Kannst Du Deine größte Angst - die worst case - diese Briefe betreffend in Worte fassen?
Das ist eine wirklich gute Frage! Ich muss zwar noch tiefer nachdenken und -fühlen, ein erster Gedanke ist: Es gibt gar keinen worst case, es gibt lediglich einen Riesenberg, den zu bewältigen mich fürchten lässt. Und dann denke ich gleichzeitig, dass ich die ersten 20 Meter grad bewältigt habe und ich vielleicht nicht auf diese erschreckende Höhe gucken sollte, sondern auf die nächsten 20 Meter.
Hast du einen guten Freund/ eine gute Freundin, die dir helfen kann? Jemand, dem du vertraust? Dass du hier dein Problem schilderst, ist ein erster Schritt, der zeigt, dass du sehr mutig bist, und dass du bestimmt auch den Mut aufbringen kannst, deine*r Freund*in davon zu erzählen. Dann könnt ihr die Briefe gemeinsam durchgehen, ordnen und schauen, was z.B. noch abbezahlt werden muss. Das kann auch noch heute passieren! Wenn jemand anders im "wahren Leben" davon weiß, ist es vielleicht ein wenig einfacher, alles anzugehen, und nicht zu prokrastinieren.
Zitat von Kiss im Beitrag #20Und dann denke ich gleichzeitig, dass ich die ersten 20 Meter grad bewältigt habe und ich vielleicht nicht auf diese erschreckende Höhe gucken sollte, sondern auf die nächsten 20 Meter.
Das ist ein guter Gedanke. Einen Schritt vor den anderen setzen
Zitat von Kiss im Beitrag #1 Seit vielen Jahren öffne ich höchstens ca. einen von 99 an mich adressierten Fensterbriefen. Dass diese sich kulmulativ angehäuft haben, nicht selten auch die böse gelbe Farbe tragen, könnt ihr euch sicherlich vorstellen.
gefettet von mir
nur mal so als Verständnisfrage, um die Tragweite des "Problems" besser zu erfassen...... von wie vielen ungeöffneten Briefen sprechen wir hier tatsächlich?
Zitat von Kiss im Beitrag #1denn gefühlte 3146 Fensterkastenbriefe liegen in allen möglichen Ecken, Schubladen oder unter Teppichen versteckt, noch immer im Haus.
Ich wünsche Dir auch viel Erfolg und finde es toll, dass Du den Mut gehabt hast, den ersten Schritt zu machen und einen Brief zu öffnen und auch, hier davon zu schreiben. Auch wenn es anonym ist, es macht die Sache realer.
Ich kann Deine Angst vor dem Berg irgendwo verstehen. Ich finde die Idee aber trotzdem gut, mal alle Briefe aus ihren Verstecken zu holen und sie - zunächst ungeöffnet - in einer Kste zu sammeln. Mein zweiter Schritt wäre, wenn Du die Schulden bei der Krankenversicherung beglichen hast, alle Briefe, die davon stammen, zu öffnen und abzulegen. Du musst sie nicht mal lesen, es ist ja alles geklärt, einfach nur nach Datum abheften.
Vielleicht - und das kannst Du ja getrost dann entscheiden - bist Du danach bereit, das mit einem weiteren Absender ebenso zu machen. Dein Vorsatz, ab sofort alles zu öffnen, ist da schon mal super. Und vielleicht gibt es dann nach der KK die nächste überschaubare Baustelle, um die du dich kümmern kannst.
Aber ja, ich finde es auch wichtig, dass Du dir kleine Schritte erlaubst. Das Tempo ist nicht so entscheidend. Nur die Richtung.
ich wünsche dir jedenfalls auch viel viel Kraft! Ich finde derartige Briefe und vom Amt ganz schön belastend ABER du kriegst es gebacken!
Vertraue auf dich und deinen Mut, allein hier alles das offen zu legen erfordert viel Mut
Das Leben ist eben nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen ... also lass dir auch unter die Arme greifen und tu dir jeden Tag was Gutes, schenk dir deine Zuwendung ... sofern das halt möglich ist, aus der Ferne lässt sichs gut reden, aber ich hatte auch schon Phasen wo ich dachte es läuft alles schief. Im vergangenen Sommer war das so. Klopf-auf-Holz ist hoffentlich mal beruhigt.