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#101 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Kastanie 18.03.2022 20:38

Ein alter Mensch. Richtig alt. Den 2. Weltkrieg erlebt. In Deutschland. Viel erlebt. Unrecht, Verletzungen. Das Lachen eines kleinen Kindes in der Nähe tut ihm gut.
Das Kind ist Hoffnung. Nicht für ihn. Für das Leben.

Es gibt zerstörerische Kräfte im Leben. Wer nicht geliebt wurde, kann (muss nicht) zerstörerisch wirken.
Ein Kind, das geliebt wird, ist Hoffnung. Für alle. Für das Leben.

Man kann sich entscheiden.

#102 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Jubidu 20.03.2022 11:02

Zitat von Puls im Beitrag #95
Liebe Jubidu,
das ist schon ein ganzer Rucksack voller Risiken, die Ihr da eingeht - medizinisches Risiko, altersbedingtes Risiko, KiWu-Behandlung als solche auch. Ich verstehe Deine Bedenken/Überlegungen.
Wenn nun noch die Fragestellung hinsichtlich der derzeitigen Rahmenbedingungen hinzukommen, wäre dann eine Adoption eine Alternative für Euch?
Das wäre ein Kind, das schon da ist - Ihr hättet nicht die Verantwortung, es unter großen Risiken ins Leben gebracht zu haben, sondern würdet einem Kind, das - je nach Herkunft - ggf. eine definitiv ungute Zukunft hätte, eine gute Perspektive bieten.


Ja Puls, darüber sprechen wir und denken viel nach. Wir wollen uns auch beraten lassen. Und aus persönlicher Erfahrung weiß ich auch mit Sicherheit, wie stark man ein "fremdes" Kind lieben kann.
Dagegen spricht, dass die Erwartung an Paare mit Adoptionswunsch ist, dass der eigenen Kinderwunsch abgeschlossen ist und nicht parallel noch eine Kinderwunschbehandlung stattfindet. Ich möchte diesbezüglich auch nicht lügen. Von daher muss ich, müssen wir, dieses Thema so oder so für uns abgeschlossen haben.
Dann halte ich es für sehr unrealistisch, dass wir überhaupt genommen würden. Aufgrund von Alter und Vorerkrankungen. Aber dazu eben die geplante Beratung.
Und zuletzt wäre ich einfach auch gerne schwanger geworden. Würde gerne stillen. Bin auch eine absolute Babymama. Babys lieben mich. Das sind natürlich nicht die wichtigsten Punkte einer Familiengründung, völlig klar, aber auch das sind dann Punkte, die man verarbeiten muss, um die man ein stückweit trauert und über die mam, über die ich, nachdenke.

#103 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Jubidu 20.03.2022 11:15

Zitat von Convallaria im Beitrag #100
@Jubidu, deine Vorgeschichte kenne ich nicht, das vorab. Aber unsere ist auch nicht so easy gewesen, ich bin auch vorerkrankt (Herzfehler, große OP bereits erfolgt), dann kam das Thema Kiwu-Behandlung dazu (übrigens ein verschobenes Implantationsfenster, also auch "mein" Defekt). Risikoschwangerschaft mit Blutungen bis in die SSW 16, Uniklinik zur Entbindung wg angeschlossener Herzklinik etc.
Alles belastet und nicht so richtig entspannt.
Ich kann daher viele deiner Bedenken total nachvollziehen, Trotzdem von mir "pro Kind", wenn der Wunsch da ist. Ohne zu große Sorge.

Ich hatte gerade eine Liste formuliert, aber wieder gelöscht. Zu subjektiv.
Was ich nur sagen will - ein Kind ist was ganz Natürliches. Wenn man eine Kiwu-Behandlung benötigt, geht das manchmal etwas verloren, und es wird sehr verkopft, kompliziert und grüblerisch. Unter den Bedingungen aktuell kann ich verstehen, dass es noch schwieriger wird. Wenn Ihr Euch dagegen entscheidet, ist es absolut ok, natürlich, so eine Behandlung ist auch kein Spaziergang, das macht was mit einem. Und ist anstrengend. Hattet Ihr Euch vor dem Ukraine Krieg denn schon dafür entschieden? Dann wäre jetzt die Frage, was dies tatsächlich ändert. Dass der Krieg in Europa ist und nicht in Nahost/Afrika/sonst einer Ferne? Die Angst vor einem Atomkrieg? Das alles könnt nur Ihr beantworten. Oder ist es ein generelles Unwohlsein?

Edit, ich habe nochmal nachgelesen (sorry, wurde vorher unterbrochen). Ich glaube, du siehst das zu schwarz. Jetzt, im Moment. Ehrlich. Ich verstehe die Bedenken tatsächlich, auch den Vergleich, und finde übrigens ganz großartig, wie du das reflektierst.


Danke für deine Worte und das Teilen deiner Geschichte. Sie bringen mich zum nachdenken.

Vor Beginn des Ukrainekrieges hatten wir uns für den Versuch entschieden. Nachdem wir aber erstmal von ärztlicher Seite Zweifel gesäht bekommen hatten und uns auch nochmal beraten haben lassen. Die letzten Monate waren also sowieso schon ein großes Fragezeichen und es ist beängstigend und definitiv nicht mit der Leichtigkeit besetzt, die man sich doch wünscht oder vorstellt, wenn man jünger ist. Was den Krieg angeht bewerte ich das zumindest als den Anfang von großen Veränderungen. Politisch, wirtschaftlich. Grade glaube ich nicht an einen Atomkrieg, aber ich glaube, dass sich vieles verändern wird und nicht zum Guten.
Was ich sehe ist, dass wir schon durch die Coronakrise eine Generation an verängstigten und auch psychisch gestörten Kindern erzeugt haben. Das ist nicht schön und nicht wieder gut zu machen. Ich denke, da kommt es auch sehr auf die innere Stabilität der Eltern an, die sich überträgt. Wenn wir uns für ein Kind entscheiden, dass eine Menge wird tragen müssen die nächsten Jahrzehnte, dann muss ich dies aus meiner Sicht mit der inneren Haltung tun, dass schon alles gut wird. Ich möchte kein Kind zeugen, dass sich dieser Welt nicht gewappnet fühlt und deshalb muss ich mir als Mutter vorher diese Fragen stellen und beantworten. So sehe ich das.

#104 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Jubidu 20.03.2022 11:18

Zitat von Kastanie im Beitrag #101
Ein alter Mensch. Richtig alt. Den 2. Weltkrieg erlebt. In Deutschland. Viel erlebt. Unrecht, Verletzungen. Das Lachen eines kleinen Kindes in der Nähe tut ihm gut.
Das Kind ist Hoffnung. Nicht für ihn. Für das Leben.

Es gibt zerstörerische Kräfte im Leben. Wer nicht geliebt wurde, kann (muss nicht) zerstörerisch wirken.
Ein Kind, das geliebt wird, ist Hoffnung. Für alle. Für das Leben.

Man kann sich entscheiden.



Ja. Diesen Ansatz kenne ich und er war bisher immer ein großer Pfeiler meiner Entscheidung. Momentan scheint mir das Gewicht schwerer geworden zu sein und ich möchte kein Kind zeugen, das anderen Hoffnung geben soll, was ich als Bürde empfinde, sondern das selber die Chance auf ein überwiegend glückliches, unbeschwertes Leben hat.

#105 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Kastanie 20.03.2022 13:39

Zitat von Jubidu im Beitrag #104

Ja. Diesen Ansatz kenne ich und er war bisher immer ein großer Pfeiler meiner Entscheidung. Momentan scheint mir das Gewicht schwerer geworden zu sein und ich möchte kein Kind zeugen, das anderen Hoffnung geben soll, was ich als Bürde empfinde, sondern das selber die Chance auf ein überwiegend glückliches, unbeschwertes Leben hat.


Ich weiß, es ist nicht leicht zu verstehen, was ich hier mit Hoffnung meine. Es fällt mir auch selbst schwer., es so zu formulieren, dass es verstanden wird.

Ich meine nicht, dass das Kind Hoffnung für andere ist. Nein. Das Kind ist Leben. Und Leben ist auch Hoffnung. Es ist eine Entscheidung für das Leben. Wobei der Umkehrschluss aber nicht geht, weil das Ganze nicht so einfach ist.

#106 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Jubidu 20.03.2022 14:24

Mh. Ich werde das mal wirken lassen und gucken, ob ich verstehen werde wie du das meinst. Aber grundsätzlich ja, es braucht Hoffnung und Vertrauen (oder einfach Sorglosigkeit, aber die geht mir völlig ab) und beides wurde mir ein stückweit die letzten Jahre genommen. Es ist ein kleiner Kraftakt da wieder hinzukommen.

#107 RE: Kinderwunsch in diesen Zeiten von Puls 20.03.2022 14:44

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Zitat von Jubidu im Beitrag #102
[...]
Und zuletzt wäre ich einfach auch gerne schwanger geworden. Würde gerne stillen. Bin auch eine absolute Babymama. Babys lieben mich. Das sind natürlich nicht die wichtigsten Punkte einer Familiengründung, völlig klar, aber auch das sind dann Punkte, die man verarbeiten muss, um die man ein stückweit trauert und über die mam, über die ich, nachdenke.


Das verstehe ich total, Jubidu. Der Wunsch, Kinder zu bekommen, ist ja das Natürlichste von der Welt. Sich davon verabschieden zu müssen, ist ein schmerzlicher Prozess und sicher gut mit Trauer zu vergleichen.

Andererseits ist es sicher auch nicht einfach, über längere Zeit hin und her gerissen zu sein, denn das zermürbt wahrscheinlich beide und belastet oft auch die Paarbeziehung.
Insofern wird es auch gut sein, sich gemeinsam möglichst bald klar zu werden, was man ggf. noch an Versuchen unternimmt und wo die Grenze gezogen wird - auch wenn das sicher nicht leicht ist, da gemeinsam einen Konsens zu finden, mit dem dann beide langfristig leben können.

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