Zitat von Nora im Beitrag #50Sonnenwiese, es kann sein, daß ich komplett falsch liege... aber ich wollte es doch mal schreiben. Wenn Du befindest, daß es Blödsinn ist, einfach ignorieren.
Im Eingangspost schriebst Du
ZitatEs kam alles anders, mein Mann gab wirklich alles und ich blieb (Kurzfassung, ist auch hierfür nicht wichtig).
Bist du wirklich sicher, daß das wirklich hierfür nicht wichtig ist?
Du hast damals die Entscheidung für Deinen Mann getroffen. Aber dennoch blieb der Schattenmann in Deinem Herzen. Wäre das nicht so, hättest du nicht diese Gefühle gerade, oder?
Könnte Deine emotionale Erschütterung auch damit zu tun haben, daß sich das Tor zu einer echten Beziehung zum Schattenmann endfültig unwiderruflich geschlossen hat? Daß Du eigentlich tief in Dir mit Deiner damaligen Entscheidung nicht glücklich warst, sie aber getroffen hast, weil...? Vielleicht mußt Du Dich dann auch diesem Thema stellen, um für Dich einen Abschluß, Frieden zu finden.
Ich kann verstehen, dass Du diese Frage stellst! Deine Theorie ist ja nicht völlig abwegig.
Ich will nicht zu weit ausholen, nur so viel: Der Reiz dieser Affäre war in erster Linie das Neue, Unbekannte und Aufregende. Ob es wirklich Liebe war? Ich denke nicht, dass sich tiefe Liebe ergeben kann, wenn man sich über 2 Jahre hauptsächlich schreibt und immer mal wieder für ein paar Stunden trifft. Damals sah ich das natürlich anders. Die unmittelbare Entscheidung gegen ihn beruhte zunächst auf der Vernunftbasis, das gebe ich zu. Ich hatte zu dieser Zeit ein Kind im Kindergarten - und eines im Grundschulalter, wir hatten immer ein glückliches Familienleben, das wäre schon ein enormer Umbruch für sie gewesen. Aber im Lauf der letzten Jahre habe ich sehr oft gedacht, was ein Glück, dass ich mich für meinen Mann entschieden habe (und er überhaupt bereit war, unsere Beziehung aufrecht zu erhalten). Alles Aufregende und Neue nutzt sich irgendwann ab, man erkennt die Macken des anderen und merkt irgendwann, dass man sich was vorgemacht hat. Ich bin mir relativ sicher, dass es im Lauf der Zeit so gekommen wäre, hätte ich mich damals anders entschieden.
Trotzdem hing ein kleiner Teil von mir noch am Schattenmann. Er war einfach ein sehr herzlicher Mensch, konnte ziemlich romantisch und witzig sein. Selbst nachdem ich ihn mit der Trennung dermaßen vor den Kopf gestoßen hatte, hat er nie ein böses Wort verloren. Er war verletzt, traurig und auch wütend, aber er wurde nie verletzend.
Was ich sagen kann ist, dass ich tief in mir drinnen immer dachte, ihn irgendwann in meinem Leben noch mal zu sehen. Mit ihm zu sprechen, sehen wie es ihm geht. Und ich wünschte, meine letzte Nachricht an ihn wäre mehr gewesen als Grüße zu seinem Geburtstag und die Frage, "wie geht es Dir?". Diese Möglichkeit wurde mir nun endgültig genommen. Das ist es, was mich traurig macht. Mit dem Gedanken, wieder eine Beziehung mit ihm einzugehen, habe ich hingegen nie gespielt.
Mein Tipp wäre: halte eine kleine eigene Beerdigung ab. Schreib einen Brief mit dem, was du ihm gerne als letztes gesagt hättest. Falls ihr euch auch "öffentlich" gesehen habt: Gehe ein paar Tage später zu einem Ort, den du mit ihm verbindest, lies deine Zeilen durch oder vielleicht auch laut vor. Zünde eine Kerze an. Vielleicht kannst du den Brief mit einem Blümchen begraben. Einfach das was dir einfällt und dir gut tut. Falls du gläubig bist, bete.
Ich denke, es ist schwer einen wichtigen Menschen ohne Abschluss zu verlieren. Vielleicht hilft es dir, wenn du ihm nochmal einen kleinen Abschied schenkst.
Zitat von Avada im Beitrag #52Mein Tipp wäre: halte eine kleine eigene Beerdigung ab. Schreib einen Brief mit dem, was du ihm gerne als letztes gesagt hättest. Falls ihr euch auch "öffentlich" gesehen habt: Gehe ein paar Tage später zu einem Ort, den du mit ihm verbindest, lies deine Zeilen durch oder vielleicht auch laut vor. Zünde eine Kerze an. Vielleicht kannst du den Brief mit einem Blümchen begraben. Einfach das was dir einfällt und dir gut tut. Falls du gläubig bist, bete.
Ich denke, es ist schwer einen wichtigen Menschen ohne Abschluss zu verlieren. Vielleicht hilft es dir, wenn du ihm nochmal einen kleinen Abschied schenkst.
Sonnenwiese, nochmal kurz zu deinem Mann: weiß er vom Tod des Schattenmannes? Er soll dich nicht in deiner Trauer trösten, aber zumindest wissen, warum du "komisch drauf" bist.
Zumindest würde ich das erwähnen, nicht, dass er sich Sorgen macht und denkt, dass mit der Beziehung (wieder) etwas nicht stimmt.
Kein Mensch kann in der Wüste leben und davon unberührt bleiben. Er wird fortan, wenn vielleicht auch kaum merklich, das Zeichen der Nomaden tragen. (Wilfried Thesiger)
Zitat von Judy666 im Beitrag #57Sonnenwiese, nochmal kurz zu deinem Mann: weiß er vom Tod des Schattenmannes? Er soll dich nicht in deiner Trauer trösten, aber zumindest wissen, warum du "komisch drauf" bist.
Zumindest würde ich das erwähnen, nicht, dass er sich Sorgen macht und denkt, dass mit der Beziehung (wieder) etwas nicht stimmt.
Nein, er weiß gar nichts. Er weiß ja nicht mal, dass wir uns ab und an noch geschrieben haben. Wir haben seit Ende der Affäre nie wieder ein Wort über meinen Schattenmann verloren, daher ist die Vorstellung, ihn über dessen Tod zu informieren, eine geradezu absurde Vorstellung für mich... "Ach übrigens, Schatz, falls ich gerade irgendwie niedergeschlagen wirke... es ist nur so, dass der Mann, mit dem ich Dich betrogen habe, gestorben ist." Wie sollte er darauf reagieren?
Ich bin wie gesagt traurig, und ich denke auch momentan sehr oft daran. Aber das bedeutet nicht, dass ich mich total seltsam benehme oder depressiv in einer Ecke sitze; mir ist ja nicht jegliche Selbstkontrolle abhanden gekommen.
Kein Mensch kann in der Wüste leben und davon unberührt bleiben. Er wird fortan, wenn vielleicht auch kaum merklich, das Zeichen der Nomaden tragen. (Wilfried Thesiger)
Nun sind ein paar Tage vergangen, seit ich es erfahren habe. Es fällt mir immer noch schwer, seinen Tod zu begreifen. Aber das geht wohl allen so, die jemanden verloren haben. Ich konnte halt nie richtig Abschied nehmen, und dieses Endgültige will nicht in meinen Kopf.
Letzte Woche hatten wie hier wunderbares, mildes Frühlingswetter und ich hab einen langen Spaziergang unternommen. Unterwegs setzte ich mich am Waldrand auf eine Bank in die Sonne ... beten konnte ich irgendwie nicht, da ich nicht wirklich gläubig bin, aber ich hab mir einfach vorgestellt, er könne mich hören und ihm noch paar Dinge gesagt. Anfangs kam ich mir ein bisschen komisch vor, aber das hat sich gelegt. Danach fühlte ich mich ein kleines bisschen besser. Nach wie vor kann ich nur schwer akzeptieren, nichts über die Umstände seines Todes zu wissen, trotzdem werde ich keine Nachforschungen unternehmen. So oder so käme das immer seltsam rüber, denke ich, und zurückbringen würde es ihn schließlich auch nicht.
Wisst Ihr, was zusätzlich echt an mir nagt? Vielleicht ist das albern, aber seine nüchterne Todesanzeige kann ich mir kaum anschauen. Wie kann man als einzigen Satz schreiben, "wir nehmen Abschied in tiefer Dankbarkeit"? Das passt vielleicht zu einem 90 Jährigen, aber doch nicht so! Es hätte mich irgendwie getröstet, stünden dort mehr als 4 Hinterbliebene und noch irgendetwas, dass wirkliche Traurigkeit ausdrückt. So wirkt es wie eine nüchterne Info, mehr nicht.
Vielleicht bin ich auch einfach nur zu empfindlich, keine Ahnung.
Sonnenwiese, womöglich ist Dir folgendes ein kleiner Trost: Ich habe beruflich viel mit Angehörigen von Verstorbenen zu tun. Oft fehlen Trauernden einfach die Worte, ihre Erschütterung auszudrücken. So ein simpler Satz muss also nicht bedeuten, dass Dein Schattenmann nicht genug geliebt wurde, es kann auch einfach heißen, dass man nicht irgendwas Kitschiges oder Floskelhaftes schreiben wollte. Und: oft sind Angehörige so überfordert mit dem ganzen Orgazeug bei einer Bestattung, dass der Bestatter einfach irgendwas vorgibt, auch den Anzeigentext. Traueranzeigen können daher auch sehr unpersönlich sein und nicht das widerspiegeln, was der Verstorbene seinen Mitmenschen bedeutet hat.
Das mit Deiner Bank am Waldrand finde ich sehr schön. Und Du kannst immer wieder dorthin gehen, wenn Dir danach ist. Trauer kommt ja oft in Schüben.
Can 'truth' mean what it says and not what power thinks is best. Latin Quarter
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@Mediterranee, danke für Deine netten Worte! Ja, vielleicht ist man in der Situation einfach in so einem Ausnahmezustand, dass man keine Kraft hat, sich so sehr mit der Anzeige zu beschäftigen, da hast Du sicher recht🙏🏼. Vermutlich ist es ungerecht den Angehörigen gegenüber, dass ich es für mich selbst so empfinde.
Zitat von Mediterranee im Beitrag #61So ein simpler Satz muss also nicht bedeuten, dass Dein Schattenmann nicht genug geliebt wurde, es kann auch einfach heißen, dass man nicht irgendwas Kitschiges oder Floskelhaftes schreiben wollte.
Das sehe ich auch so. Ich bezweifle ohnehin, dass man den tiefen Schmerz wirklich treffend in Worte gießen kann - zudem noch abgestimmt passend für mehrere Trauernde UND auch noch tauglich für die Öffentlichkeit. Das kommt der Quadratur des Kreises gleich.