Ich möchte noch ergänzen, dass es bei Henri Nannens berühmtem Küchenzuruf eher um das simple Informieren geht ("Was ist passiert?"), beim Elevator Pitch jedoch um das Überzeugen von einer Idee oder einem Projekt. Steckt ja schon im Wort drin: Ein Pitch ist z.B., wenn sich mehrere Agenturen um einen Auftrag bewerben.
Und meine persönliche Meinung ist, dass ein/e CEO im Aufzug zwischen zwei Terminen lieber seine/ihre Ruhe haben möchte und nicht von karrieregeilen Kolleg/innen zugelabert werden will.
Zitat von Iceman im Beitrag #57 Und meine persönliche Meinung ist, dass ein/e CEO im Aufzug zwischen zwei Terminen lieber seine/ihre Ruhe haben möchte und nicht von karrieregeilen Kolleg/innen zugelabert werden will.
Es geht hier doch gar nicht darum, einen tatsächlich existierenden CEO in einem tatsächlich existierenden Aufzug abzufangen und ihn zuzutexten. Der "Elevator Pitch" ist eine Übung, die dabei helfen soll, sich auf die wesentlichen Informationen zu fokussieren und die in konzentrierter Form vorzutragen. In der Übung heißt es deshalb ja auch "STELL DIR VOR..... du triffst deinen Chef im Aufzug. Bis zur fünften Etage musst du ihm dein Anliegen erläutert haben." Reine Vorstellung also. Wenn das immer wieder geübt wird, gelingt es irgendwann auch, alles wesentliche in eine kurze Nachricht zu packen.
Aus: "Meine Tante Hildegard, die in erster Ehe mit diesem Mann verheiratet war, der dann mit der Frau von dem Laden an der Ecke durchgebrannt ist, hat ja bald Geburtstag. Sie hat immer im Sommer Geburtstag. Und sonst feiert sie immer groß. Nur diesmal nicht, weil ihr das alles zu viel wird oder sie keine Lust hat - das weiß auch keiner so genau. Und sie möchte auch keine Geschenke. Sie hat ja das große Haus, das sie von dem zweiten Mann geerbt hat, der sein Geld wiederum aus dem Fmilienunternehmen hatte, und da wäre Platz für viele Geschenke. Aber Tante Hildegard muss immer noch weinen, wenn sie an ihren verstorbenen Dackel Charly denkt, und sie ist auch sehr im Tierschutz engagiert. Also, wer ihr eine Freude machen will, obwohl sie nicht feiert, soll halt ans Tierheim spenden." Wird dann mit etwas Glück: "Meine Tante Hildegard feiert Geburtstag. Auf eine große Feier will sie in diesem Jahr verzichten. Sie möchte auch keine Geschenke haben. Wer ihr dennoch eine Freude machen will, wird gebeten, an das örtliche Tierheim zu spenden."
15 Worte statt 142, zwei Zeilen statt fünf. Und trotzdem erhält der Leser alle für den Fall "Hildegards Geburtstag" relevanten Informationen.
Der Küchenzuruf ist meiner Erfahrung nach eine gute Übung, um unsicheren Schreibern Mut zu machen, gleich mit einem Knaller ins Thema einzusteigen. Also nicht: "Angela Merkel war ja 16 Jahre Bundeskanzlerin. Vermutlich hat niemand vermutet, dass es Olaf Scholz auch so lange schafft. Und das stimmt jetzt auch. Jedenfalls meldet das die dpa: Olaf Scholz ist soeben von seinem Amt zurückgetreten." Sondern: "Bundeskanzler Olaf Scholz ist soeben von seinem Amt zurückgetreten. Das meldet die dpa. " Man soll sich bei dieser Übung immer vorstellen, ein Mann kommt von der Arbeit nachhause und läuft zu seiner Frau, die in der Küche kocht (jajaja.... ein ganz und gar nicht mehr zeitgemäßes Klischee, aber die Übung ist auch schon älter). Der fängt ja auch nicht umständlich mit Angela Merkel an, um ihr die Neuigkeit zu eröffnen. Der ruft ja auch: "Schatz, stell dir vor: Der Scholz ist zurückgetreten!"
Um zur Ausgangsfrage des Threads zurückzukommen: Ja, man kann Schreiben lernen. Die meisten jedenfalls können es. Sowohl für den Aufbau von Meldungen, Pressemitteilungen usw. als auch fürs kreative Schreiben gibt es jede Menge Übung. Es lohnt sich, mal auf den entsprechenden Seiten der Journalisten-Verbände oder Journalistenschulen zu stöbern. Da werden oft Kurse angeboten.
Manchmal überlege ich ja, wenn ich den SPON aufrufe, dass sich Wolf Schneider's Drehen im Grabe auf der Richterskala auswirken müsste.
Ich kenne den Elevator Pitch auch zusätzlich so, dass man innerhalb von 15-20 Sekunden seinem Gegenüber erklären soll, was man beruflich macht (jetzt aus der Selbständigensicht).
Ich glaube auch, dass man Schreiben lernen kann, aber man sollte schon Spass daran haben.
"We can, in fact we must, continue to fight to make everything about society better, without destroying what's already great." Carrick Ryan, Australian political commentator
"We are all just walking each other home." Ram Dass, writer
Zitat von frangipani im Beitrag #60 Ich glaube auch, dass man Schreiben lernen kann, aber man sollte schon Spass daran haben.
Ja, das ist ganz wichtig! Wer nicht ermessen kann, welche tollen Möglichkeiten unsere Sprache bietet, wie wunderbar man mit ihr spielen kann und wie befriedigend es ist, anderen genau das vermitteln zu können, was man ausdrücken wollte, der wird beim Schreiben nicht unbedingt erfolgreich sein.
Das ist, wie wenn sich einer im Springreiten versucht, obwohl er keine Pferde mag. Oder als überzeugter Veganer ein Steak-House aufmacht.
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Es geht hier doch gar nicht darum, einen tatsächlich existierenden CEO in einem tatsächlich existierenden Aufzug abzufangen und ihn zuzutexten. ...
Ich weiß. Bin mit dieser Übung auch schon in unzähligen Seminaren, Strategiemeetings und "Offsites" malträtiert worden. Wollte nur auf das ursprüngliche Bild hinter dem Begriff anspielen, deshalb auch der Smiley. Bin in meinem Berufsleben schon so einigen CEOs im Aufzug begegnet und käme nie auf die Idee, ihnen ein Thema aufzudrücken. Die von dir beschriebenen schlechten Rechtschreibkenntnisse fallen mir übrigens auch bei Werkstudent/innen auf, die ich regelmäßig betreue. PS: Sehr schön, dein Beispiel mit Tante Hildegard.
Sofern es nicht nur um nachrichtliche Texte geht, die vor allem korrekt sein müssen und sachlich sein sollen... wenn also auch eine eher kreative Sprache gefragt ist, helfen Übungen zur Schulung der Kreativität. Man kann solche Kandidaten sog. Elfchen schreiben lassen: Ein kurzer Text mit fünf Versen und elf Wörtern. Oder Haikus, also Texte angelehnt an eine japanische Gedichtform, die aus drei Sätzen, mit fünf Silben in der ersten Zeile, sieben in der zweiten und fünf in der dritten Zeile bestehen. Man kann dazu ein Stichwort vorgeben, also "Herbst" oder "Liebe" oder irgendwas anderes. Oder man gibt ein ganz banales Thema vor - in meinem ersten Seminar zum kreativen Schreiben war es "Mein Kühlschrank". Dazu müssen dann genau 20 oder 30 oder beliebig viele Zeilen geschrieben werden.
Das schult ungemein, weil man bei solchen Übungen gezwungen wird, kreativ zu werden, um sich an die Vorgaben halten zu können. Nur mit Worthülsen und Stereotypen klappt das nämlich nicht.
Nee, es geht hier um sachliche Texte. Der Praktikant hat mir letzte Woche wieder was vorgelegt, das in sich nicht klar verständlich war. Ich habe es ihm schon erklärt mit Vorlagen. Er scheint es aber nicht zu verstehen. Ich glaube, die junge Leute heute lesen einfach alle zu wenig, sonst käme das Sprachgefühl so nebenbei.
Ppd meine Erfahrung mit einer Geisteswissenschaftlerin und langjährigen Journalistin sind folgende. Die Frau hält Vorträge über Literaturmenschen - Paul Austen, Juli Zeh usw. Aber die schafft es nicht ihre Texte so zubstrukturieren, dass herauskommt ob das nun ein Zitat oder eine Bewertung von ihr ist. Und irgendwo mittenmang sind dann biografische Informationen wild durcheinander reingewurstelt.
Wenn dein Praktikant etwas lernen will hilft ihm vielleicht der Satz : Journalistisches Schreiben muss voraussetzungslos zu verstehen sein. Also Fachbegriffe erklären, klare www-Struktur. In dem Zusammenhang heisst www : wer - was-warum-wann-wieso -weshalb.
Heidegger schreibt präzise -natürlich nicht das Hauptwerk - die Vorlesungstexte .Golo Mann schreib ebenfalls präzise z.B. Wallenstein.
Aber vielleicht müsste der Praktikant eher ganz banal die Veröffentlichungen der letzten Jahre händisch abschreiben. Falls er lernen will…..
Der Satz ist gut, aber ich beobachte oft, dass Menschen dieses "voraussetzungslos" sehr unterschiedlich interpretieren, sich oft nicht hineinversetzen können in Leser, die bestimmte Informationen eben nicht besitzen.
Also, ich hatte mich jetzt mehrfach mit dem Praktikanten zusammengesetzt, er hat auch immer wieder behauptet meine Erklärungen zu verstehen, aber konnte sie bislang nicht wirklich anwenden. Neulich kam er mit einem Instagram-Post an, der genauso aufgesetzt war, wie der davor, den ich mit ihm besprochen habe. Eigentlich hatte er nur wenige Worte ausgetauscht. Als ich meinte, die Instagram-Posts sollten sich dann schon in der Machart unterscheiden, schaute er mich verständnislos an. Einen anderen Text, den ich Satz für Satz mit ihm durchgegangen war, legte er wieder vor, mit den Änderungen, die wir besprochen haben. Jetzt ergibt es aber keinen richtigen Lesefluss. Es ist zum Haareausraufen und ich frage mich, was ich eigentlich erklären muss, damit Dinge verstanden werden. Instagram ist ja eigentlich eher Medium seiner Generation als meiner. Glücklicherweise ist das Praktikum dann auch bald vorbei. Ich glaube, die J-u-u-u-g-e-n-d von heute liest einfach nicht mehr. Dann käme Textgefühl doch auch viel eher automatisch.
Zitat von Pasdedeux im Beitrag #69... Glücklicherweise ist das Praktikum dann auch bald vorbei. Ich glaube, die J-u-u-u-g-e-n-d von heute liest einfach nicht mehr. Dann käme Textgefühl doch auch viel eher automatisch.
PDD, ich kann dich gut verstehen. Ich kämpfe jeden Tag mit den Texten unserer Werkstudentin und freue mich über jeden kleinen Fortschritt (und jeden kleinen Bindestrich, der dann doch mal das sonst übliche Deppenleerzeichen ersetzt). Eine Übung in Geduld und Gelassenheit.
Ich bin nicht gelassen und auch nicht geduldig. :-( Mein Weg besteht darin, ihn sich überlegen zu lassen, was ihm helfen würde, und ihm vielleicht für ihn andere gangbare Wege als die Texterstellung aufzuzeigen.
PDD auch ich habe bei deinem Praktikanten das Gefühl er sollte Texterstellung nicht als Arbeitsbereich angehen - irgendwo bemerke ich bei ihm keinen Einsatz. Und du leistest überobligationsmässig viel und er merkt das irgendwie nicht mal…
Golo Manns „Wallenstein“ ist 1000 Seiten Deutsch-Kompetenz. Gottfried Benn hat es kurz gesagt: Wie ein Gedicht entsteht Ein Fräulein geht am See entlang und hat ein Gefühl - nein so entsteht kein Gedicht. Ein Gedicht ist Knochenarbeit - Knochenarbeit an der deutschen Sprache.
Zitat von Pasdedeux im Beitrag #71Ich bin nicht gelassen und auch nicht geduldig. ...
Ich normalerweise auch nicht.
Deshalb ist es ja auch eine gute Übung - für uns beide. Ich lerne, geduldig, freundlich und motivierend zu bleiben, auch wenn sich mir beim Anblick ihrer Texte alle Haare sträuben, und sie lernt (hoffentlich) gutes Deutsch.
Und ich muss an die netten Kolleginnen und Kollegen denken, die mir vor langer, langer Zeit das "Handwerkszeug" beibrachten, das ist wie eine Reise in die Vergangenheit, ich habe sie in solchen Momenten genau vor Augen und schlüpfe in ihre Rolle. Das ist irgendwie witzig.
Bei deinem Praktikanten glaube ich allerdings auch, dass er sich anders orientieren sollte. Ich habe in der 9. Klasse ein Schülerpraktikum bei einer Bank gemacht und wusste danach genau, dass ich so etwas später NIE machen möchte!