Nee, liebe Grüße kommen mir nur unter Freunden vor. Mit freundlichen Grüßen fühle ich mich wohl. Mit Grausen denke ich daran, wie wir in der DDR Geschäftsbriefe mit „sozialistischen „ Gruß unterzeichnen mussten. Was soll das sein, sozialistische Grüße?
Zitat von Stina im Beitrag #475Mit „lieben“ Grüßen gehe ich auch sparsam um, aber „freundliche“ finde ich fast immer angemessen und „herzlich“ dann, wenn ich es so meine. Ich finde aber, herzlich kann man auch mit Fremden sein (am Telefon oder bei geschäftlichen Treffen passier das zum Glück häufiger), das erfordert für mich, anders als „liebe Grüße“ keinen emotionalen Bezug. Zudem bleiben „herzliche Grüße“ formeller als liebe.
Seh ich auch so. Die "lieben" versuche ich zu umgehen, aber im Unternehmen ist es nicht ganz einfach. Ich schreib dann oft "viele Grüße". Gar nicht mag ich die "besten", die fließen mir eigentlich nur aus der Feder, wenn ich was zu meckern habe, oder bei Ämtern etc.
-------------------------- Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit.
Zitat von Heaven im Beitrag #477Mit Grausen denke ich daran, wie wir in der DDR Geschäftsbriefe mit sozialistischen Gruß unterzeichnen mussten. Was soll das sein, sozialistische Grüße?
Puh, das ist ja nun wirklich weit über 30 Jahre her ... Womöglich damals eine Grußformel, mit der man mitteilen sollte/wollte (?), dem System (noch) treu zu sein?
Hmm ... wie läuft es denn heutzutage in den Parteien? Ob Olaf Scholz "Mit sozialdemokratischen Grüßen" unterschreibt? Oder Annalena Baerbock "Mit grünen Grüßen"?
Zitat von Katelbach im Beitrag #478 Gar nicht mag ich die "besten", die fließen mir eigentlich nur aus der Feder, wenn ich was zu meckern habe, oder bei Ämtern etc.
Die "besten" mag und verwende ich gar nicht - die empfinde ich als sehr starr und distanziert, insofern gut passend zu Meckerbriefen.
ich nehme sie gern in formellen Schreiben. Als Ersatz für das von mir noch gelernte Hochachtungsvoll. ich kann kaum glauben, dass ich das mal geschrieben habe. Gekriegt hab ich sogar Schreiben "mit vorzüglicher Hochachtung"
Ich bin ganz bequem und benutze bei formalen Schreiben "Sehr geehrte" und "Mit freundlichen Grüßen". "Liebe Grüße" kommt mir nicht über meine Finger, allerhöchstens privat. "Beste Grüße" erst recht nicht. Wenn es nicht ganz formal ist, rede ich gerne mit "Hallo und guten Tag" an und beende mit "Viele Grüße".
Ich erinnere mich auch noch an "Hochachtungsvoll" und schreibe formell "Mit freundlichen Grüßen" und privat, was ich dem Empfänger wünsche, z. B. "Schönes Wochenende". Familie und enge Freunde bekommen "Liebe Grüße".
@ Katelbach, das mit dem Duden spricht mir aus der Seele. Ich schreibe auch keine Berichte, die der Empfänger womöglich woanders vorlegen muss, sondern Nachfragen, ob es einen Liefertermin für Ibuprofen- oder Paracetamol-Säfte gibt.
Zitat von vultura im Beitrag #481ich nehme sie gern in formellen Schreiben. Als Ersatz für das von mir noch gelernte Hochachtungsvoll. ich kann kaum glauben, dass ich das mal geschrieben habe. Gekriegt hab ich sogar Schreiben "mit vorzüglicher Hochachtung"
Wem wurde ich da vorgezogen?
Meine Mutter hat mir immer geraten, "mit der Ihnen gebührenden Achtung" zu schreiben.
Nicht ganz ernst gemeint, aber es hätte sicher ein paar Dodl gegeben, die sich geschmeichelt gefühlt hätten. :-)
-------------------------- Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit.
Das bezieht sich auf den Hinweis von Katelbachs Satz ihrer Mutter.
Wilkins Micawbers Briefe endeten stets weitschweifig und in mehr oder weniger, jeweils seiner finanziellen Situation, angepasster Unterwürfigkeit, kaum je ohne Hinweis auf seine ihn stets liebende Ehefrau und die große Schar seiner Kinder. Aus den letzten Sätzen seines Berichtes heraus die Situation einbezogen in die Abschiedsgrußformel. Von sich selbst spricht er in der dritten Person.
Ich hab da gerade mal was abgeschrieben:
ZitatMeine geehrte Madame und Copperfield!
Das schöne Land der Verheißung, das sich noch vor kurzem am Horizonte zeigte, ist wieder in undurchdringliche Nebel eingehüllt und für immer den Augen eines schiffbrüchigen Unglücklichen entzogen, dessen Schicksal besiegelt ist! Ein neuer Haftbefehl ist in Sr. Majestät hohem Gerichtshof, der Kingsbench in Westminster, in einer zweiten Sache Heeps contra Micawber erlassen worden, und der Angeklagte dieser Sache ist die Beute des in diesem Amtsbezirk gesetzlich Gerichtsbarkeit übenden Exekutors.
Nun ist der Tag und nun ist die Stunde, Seht die Feinde ziehen herbei, Edwards stolze Streiter drohen, Ketten drohen und Sklaverei!
Anheimgefallen dieser Haft und einem raschen Ende – denn Seelenqual ist nur bis zu einem gewissen Grade erträglich, und diesen habe ich erreicht, wie ich fühle – ist meine Uhr abgelaufen. Der Herr segne Sie vielmal! Wenn in spätern Jahren ein Wanderer aus Neugier und nicht ungemischt, wollen wir hoffen, mit Teilnahme das den Schuldnern in dieser Stadt zugewiesene Gefängnis besucht, so kann er, und ich hoffe, er wird seine Augen nachdenkend ruhen lassen auf den mit einem verrosteten Nagel auf der Wand eingeschriebenen bescheidenen Anfangsbuchstaben
W. M.
P.S. Ich mache den Brief wieder auf, um Ihnen mitzuteilen, daß unser gemeinschaftlicher Freund, Mr. Thomas Traddles – der uns noch nicht verlassen hat und sich dem Aussehen nach außerordentlich wohl befindet – die Schuld mit den Kosten im Namen der edeln Miß Trotwood bezahlt hat und daß ich und meine Familie uns auf dem Gipfel irdischen Glücks befinden.«
Gefällt mir viel besser als - beispielsweise LG oder Biba.
Never argue with idiots. They drag you down to their level and beat you with experience.
Zitat von Sentenza im Beitrag #488 Gefällt mir viel besser als - beispielsweise LG oder Biba.
Ich verstehe leider nicht, was Du mit dem Text aus dem 19. Jhdt. zum Ausdruck bringen willst - und in wie fern er eine Rolle spielen könnte im Heute.
LG schreibe ich auf WhatsApp, ansonsten mache ich mir die Mühe des Ausschreibens ... *Liebe Grüße* Biba ... noch nie gehört, ich nehme einfach an *bis bald*??
Guten Morgen! Ich erkenne bei Mr Micawber keine Grußformel. Und finde es unhöflich, dass er sich den "Mr" bei David Copperfield geschenkt hat, während Mrs Copperfield seine "geehrte Madame" ist. Anrede bei beiden auf gleicher Ebene wäre korrekt.
Zitat von Sentenza im Beitrag #488 Aus den letzten Sätzen seines Berichtes heraus die Situation einbezogen in die Abschiedsgrußformel. (...) Gefällt mir viel besser als - beispielsweise LG oder Biba.
Hilf mir auf die Sprünge ... ich erkenne die Abschiedsgrußformel in dem Text leider nicht.
Anheimgefallen dieser Haft und einem raschen Ende – denn Seelenqual ist nur bis zu einem gewissen Grade erträglich, und diesen habe ich erreicht, wie ich fühle – ist meine Uhr abgelaufen. Der Herr segne Sie vielmal! Wenn in spätern Jahren ein Wanderer aus Neugier und nicht ungemischt, wollen wir hoffen, mit Teilnahme das den Schuldnern in dieser Stadt zugewiesene Gefängnis besucht, so kann er, und ich hoffe, er wird seine Augen nachdenkend ruhen lassen auf den mit einem verrosteten Nagel auf der Wand eingeschriebenen bescheidenen Anfangsbuchstaben
Zitat von Dineke im Beitrag #493Guten Morgen! Ich erkenne bei Mr Micawber keine Grußformel. Und finde es unhöflich, dass er sich den "Mr" bei David Copperfield geschenkt hat, während Mrs Copperfield seine "geehrte Madame" ist. Anrede bei beiden auf gleicher Ebene wäre korrekt.
Dineke, er ist aber nicht mit beiden auf einer Ebene. Seine und Copperfields Freundschaft ist in beider großer Not entstanden, mit Copperfield verbindet ihn viel gemeinsames Erleben, mit dessen Frau aber nicht, deswegen drückt er sich ihr gegenüber achtungsvoll aus, spricht sie mit Madame an, nicht plump-vertraulich mit Dora (oder ist es schon Agnes?). Er ist um einiges älter als Copperfield. Micawber schafft es einfach nicht, er kommt von einer Notlage in die andere, kann überhaupt nicht mit Geld umgehen, wovon er auch nur wenig verdient, die Schar seiner Kinder vergrößert sich aber ständig, nun ja, und er ist ein großer Schreiber von Bittbriefen.
Die Grußformel - und das Drumherum um eben diese ist bei Micawber allfällig - besteht für mich, übrigens nicht nur für mich, es müssen doch wohl Millionen Leser sein, in "Der Herr segne Sie vielmal" und den in die Gefängnismauern eingeritzt vorzufindenden Initialen W. M., womit er gleichsam auch diese Zeilen unterzeichnet.
Never argue with idiots. They drag you down to their level and beat you with experience.
Überhaupt die ganze Sprache in den Büchern! Ich war vom ersten Buch an begeistert. Damit stand ich in der Klasse aber ziemlich alleine da, weil meine Mitschüler Dickens ganz furchtbar fanden.