Puh, schwierige Frage... Mir fällt vor allem meine Entscheidung ein, einen neuen Job anzunehmen, bei dem ich wusste, dass ich dafür nach den ersten zwei Wochen Arbeit nach Indien fliegen würde (dort sollte ein Coaching für mich stattfinden). Ich war Mitte 20 und bin vorher nie aus Europa rausgekommen (ich war gerade mit dem Studium fertig), und ich sollte ein Vierteljahr dort bleiben.
Der Aufenthalt war, neudeutsch gesagt, mir fällt kein besseres Wort dafür ein, "mind blowing". Ein Kulturschock. Extreme Armut. Junge Professionals, die richtig was drauf haben, schlafen trotzdem zu Hause auf dem Boden. Die Gerüche, das Essen, das ständige Angeschautwerden (auch in der Großstadt waren kaum Weiße da, ich war also eine Art bunter Hund).
Das alles hat meine Sicht auf die Welt geändert. Wie gut wir es in Deutschland haben, wie dankbar wir dafür sein können, hier aufgewachsen zu sein, wie privilegiert wir sind. Mitgefühl für andere, Verständnis für andere Kulturen; dass es Leute gibt, die wirklich komplett anders leben als wir, und damit genauso glücklich sind.
Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, merke ich, es wirkt immer etwas überheblich - ist aber gar nicht so gemeint. Ich weiß jedoch, dass ich bis an mein Lebensende an meine Zeit in Indien zurückdenken werde.
Solche Veränderungen, bei denen man von Anfang an weiß, dass sie das ganze Leben umkrempeln, hatte ich eigentlich kaum. Bei mir waren es eher Dinge, die zuerst gar nicht so ins Gewicht fielen. Erst im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass mein Leben dadurch eine komplett andere Richtung genommen hat.
Beispiel: Ich habe während des Studiums einen Nebenjob angefangen. Der sollte mir einfach ein bisschen Geld einbringen. Letztendlich führte es dazu, dass ich mein Studium aufgegeben habe, um in diesem Job Vollzeit arbeiten zu können, er fast zwei Jahrzehnte mein Berufsleben bestimmt hat, ich dadurch die halbe Welt bereist und Unmengen spannender Begegnungen gemacht habe und eine völlig andere berufliche Richtung eingeschlagen habe, als ursprünglich geplant. Ich bin heute noch dankbar dafür. Aber damals, als ich diesen Nebenjob annahm, ahnte ich nichts davon.
Was Du hast, kann jeder haben, doch was Du bist, kann niemand sein.
Moderation: In und mit der Natur | Umwelt- und Tierschutz | Alles rund ums Reisen | Reisen in Deutschland | Europa und die Welt | Religion und Philosophie | Freud und Leid in der Familie oder Lebensgemeinschaft
Die Diagnose eines angeborenen Herzfehlers mit anschließender schwerer OP in den frühen 20ern hat bei mir absolut alles geändert.
Die Einstellung zu allem, dazu das Grundvertrauen erschüttert. Die Überlegung, was ich am "unfertigsten" lassen würde, sollte ich sterben, und was mich am traurigsten machen würde, es nicht erlebt/erreicht/getan zu haben, hat mich komplett andere Prios setzen lassen, und all das wirkt bis heute fort. Ich wäre niemals da, wo ich heute bin und würde Entscheidungen nicht so treffen, wie ich es tue.
Viele Menschen finden ja den Spruch "Wer weiß, wofür es gut ist" immer dämlich, in meinem Fall hat diese beschissene Zeit damals später sehr positive Wendungen für mich gebracht.
So richtig lebensverändernde Ereignisse gab es bislang nur 2 in meinem Leben:
Von zu Hause wegzuziehen - plötzlich auf mich alleine gestellt, keine Eltern mehr, die im Notfall nur wenige Minuten weit weg sind. Die eigene Schwester nicht mehr jeden Tag zu sehen. Ich war damals schon Mitte 20, aber es hat mich erwachsen werden lassen.
Meinen Mann kennenzulernen - mit ihm bin ich schon fast mein halbes Leben zusammen. Nicht immer nur Leichtigkeit, auch mal schwere Zeiten, aber einfach der Fels in meiner Brandung, mein Seelenpartner und mein bester Freund.
****************************** Ich bin eine Fee - eine Katastro-FEE!
Meinen Lebensweg beeinflusst hat auch die schwere Erkrankung meiner Mutter, durch die sie schnell sehr behindert und auf Hilfe angewiesen war. Ich habe deswegen mit Anfang/Mitte 20 schnell die Entscheidung getroffen, "da" zu sein, als der Verlauf abzusehen war. Wohnung im selben Haus, quasi immer Bereitschaft, falls was passiert. Auch beruflich habe ich mich mit zunehmender Krankheitsschwere entsprechend aufgestellt. Das ging alles ganz gut, erstaunlich gut, und mein Lebensmensch hat das alles mitgetragen. (Wobei unsere Situation privilegiert war.)
Doch insgesamt hat das 25 Jahre gedauert, das Leben hätte schon auch anders sein können. In diese Zeit fielen auch die beiden an Demenz erkrankten Großmütter.
Und jetzt bin ich selber alt
-------------------------- Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit.
Definitiv der Bruch mit der Frau, die mich geboren hat. Dadurch habe ich auch andere Familienmitglieder verloren. Dann der Mut und die Kraft, mit meinem jetzigen Mann zusammen zu leben. Hier, wo ich heute lebe, geht es mir gut.
Katelbach, ich hab Dich vermisst! Schön, dass Du wieder da bist.
die Wende! Damit war klar, dass ich Abi machen darf und studieren kann (fast egal, was ich will), etwas, was meinen Eltern und Geschwistern verwehrt war. Dass ich in die weite Welt gehen kann, wenn ich möchte, und in andere Länder reisen darf.
Ich war noch Jugendliche. Bis heute ist es für mich ein persönliches Wunder - also eines, was in meinem eigenen Leben sich so stark ausgewirkt hat.
Ich war mit einer Freundin auf einer Fortbildung in England. Dort habe ich meinen Mann kennengelernt und dann innerhalb eines Jahres entschieden, zu ihm ins Ausland zu gehen. Nicht nach England, wo ich immer hatte leben wollen, sondern in ein ganz anderes Land, mit neuen Sprachen, aber vor allem einer Kultur, an die ich mich erst anpassen musste. Jetzt lebe ich schon 17 Jahre hier! Das war eine weitreichende, spannende Entscheidung.
Auf alle Fälle meine Berufswahl. Das hört sich erstmal nicht so spektakulär an, war es aber für mich dann doch. Mit 16 nach der Realschule machte ich eine kaufmännische Ausbildung in einem weltweit agierenden Autokonzern. Hätte meine Versicherung für den Rest meines Berufslebens sein können. Wollte ich aber so nicht, es war gar nicht meines, es machte mir keinen Spaß und ich sah keinen Sinn darin, für Jahre oder Jahrzehnte eine kleines Rädchen in irgendeiner unbedeutenden Abteilung zu sein.
Also hörte ich nach der Ausbildung zum Entsetzen meiner Familie auf und machte erstmal so eine Art soziales Jahr (was es damals so noch nicht offiziell gab). Danach ging ich auf die Schule und lernte Masseurin und med. Bademeisterin, was mir deutlich mehr Spaß machte.
Ich arbeitete einige Jahre in diesem Beruf, bekam meine Kinder und war soweit zufrieden. Dann wurde es in diesem Teilbereich eng, es wurde immer weniger verordnet. Also entschied ich mich, mit 2 Grundschulkindern zu Hause wieder auf die Schule zu gehen. Das lief so ab, dass ich unter der Woche halbtags arbeitete und jedes Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag zur Physiotherapieschule in die nächstgelegene Großstadt ging. Und das über ein Jahr lang, mit Anerkennungspraktikum ging das 15 Monate.
Im Nachhinein der Wahnsinn, ich weiß gar nicht mehr, wie ich das gemacht habe. Inzwischen bin ich über 20 Jahre in diesem Beruf und ich habe es noch keinen Tag bereut, es ist meine Welt und meine Erfüllung. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, wollte ich nie etwas anderes machen! Also von daher schon eine lebensverändernde Entscheidung.
Zitat von Kaffeesahne im Beitrag #1Kennt ihr das? Etwas passiert, eine Entscheidung wird getroffen - und dann ist alles anders.
ja, aber etwas passiert in meinem Leben von außen, schicksalhaft, immer wieder- ich kann meist nur die Entscheidung treffen, konstruktiv damit umzugehen und zu akzeptieren, was ich nicht ändern kann....da gibts kaum Wahlmöglichkeiten....leider....
"Achtsamkeit bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen." Jon Kabat-Zinn
Bei mir waren es fast immer, nein, einfach immer, Begegnungen und Vorfälle mit Menschen, Schönes und Schlimmes.
Heute würden mich die meisten davon nicht mehr so bewegen oder treffen. Aber in jungen Jahren..
Ich hatte eben noch nicht so viel Erfahrung und weniger Menschenkenntnis. Wer nicht viel Ahnung hat, hat eben noch Einiges zu lernen.
Das Schlimme (in Verbindung mit Menschen) hat zumindest eine positive Seite gehabt: Ich kann heute nicht mehr enttäuscht werden und habe auch keine Angst davor. Aber, ehrlich gesagt, mir wäre es 1.000-mal lieber, ich hätte diese Erfahrung nie im Leben gemacht und es wäre mir gegönnt, zu sterben, ohne so etwas erleben zu müssen.
Grade hätte ich gesagt, nö, gibt es bei mir nicht. Aber ich habe mal ein Praktikum abgesagt und dafür woanders ein Praktikum gemacht. Dort habe ich dann nach dem Studium meine erste Stelle bekommen (das war zu einer Zeit, wo wir eigentlich alle dachten, wir studieren fröhlich in die Arbeitslosigkeit hinein, egal womit).
Denn was man voller Freude tut, schmeckt gleich nochmal so gut... (Mary Poppins)
Ich glaube, eine erste Weiche wurde in meinem Leben im Alter von sechs Jahren umgestellt, als sich meine Eltern trennten. Wäre ich in der ersten Familienkonstellation, also mit meinem Vater und im Umfeld seiner Eltern/Herkunftsfamilie aufgewachsen, hätte ich eine ganz andere Sozialisation erlebt. Nicht zwingend schlechter, aber auf jeden Fall ganz anders.
Der zweite große Einschnitt erfolgte, als meine Mutter ihren zweiten Mann kennen lernte. Da war ich 14 Jahre alt. Und auch hier würde ich sagen, mit meiner Mutter allein wäre sehr wahrscheinlich meine Pubertät, aber auch meine Verantwortung ihr gegenüber eine ganz andere gewesen und hätte mein Leben nachhaltig beeinflusst. War damals für mich ein harter Schnitt, auf längere Sicht war es aber wohl ganz gut, weil die Abnabelung dadurch viel, viel einfacher und eindeutiger wurde.
Die dritte große Änderung wurde mit Ende 40 durch meine Anmeldung auf einem Sexportal ausgelöst. Danach habe ich mein Leben, diesmal aktiv, gründlichst umgekrempelt.
Spannende Frage! Mir fallen spontan 3 Erlebnisse ein:
Ich hatte mit 12 eine sehr schwere OP, an der ich fast gestorben waere. Hat mich irgendwie positiv beeinflusst, ich habe sehr viel bewusste Lebensfreude und Dankbarkeit gewonnen dadurch.
Mein erstes Auslandsjahr (Erasmus) hat mich, mein Privatleben, mein berufliches Leben und einfach alles fuer immer veraendert.
Der Moment, in dem ich mein 1. Kind bekommen habe. Ich hatte mich darauf eingestellt, keine Kinder zu haben und bin auch nach wie vor ueberzeugt, dass ich ohne Kinder ebenfalls ein erfuelltes Leben gefuehrt haette. Aber diese Liebe zu diesem Kind, diese Verantwortung, diese Verbundenheit hat mich komplett umgehauen, das haette ich nie fuer moeglich gehalten.
Bei mir wird sich auch Einiges ändern. Kurzfassung insgesamt: Bei den Großeltern aufgewachsen, Oma starb an Speiseröhrenkrebs- Tyrann lebte. Längere eigene Familienzeit, dann verschiedene Abschlüsse nachgeholt, eine Zeit lang studiert- dann kam das Glaukom, welches mich heute noch in Schach hält: Eingriffe, Druckmessungen, Aufenthalte in Kliniken usw...viele Todesfälle im Verwandten- und Freundeskreis. Wahrscheinlich steht ein Umzug an. Mal sehen...es muss weiter gehen- irgendwie.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil...aus Psalm 27
Zitat von Kaffeesahne im Beitrag #14Bei mir gab es viele "Kursänderungen". Ich habe mir mein Leben ganz anders vorgestellt. Es war für mich klar, das ich Kinder haben würde. Mehrere.
Und dann, nach Krankheit und mehreren OPs: "Frau Kaffeesahne, sie werden keine Kinder haben können."
Dann ist soviel in meinem Leben passiert, das das erst regelrecht unterging.
Heute ist es so. Ich habe keine Kinder. Ich dachte, ich werde alt in einer Familie. Eine neue Vision habe ich nicht.
Ich hoffe, dass Du mit Deinem Leben zufrieden bist. Ich bin auch ungewollt kinderlos geblieben und habe lange damit gehadert. Inzwischen bin ich begeisterte Tante und "Leih-Oma". Eine gute Freundin von mir ist sehr früh gestorben, sie hat ihre Enkel (3 Jahre, 10 Monate und 8 Monate) nicht mehr kennenlernen dürfen. Ihre Töchter haben dieses Jahr auch noch den Vater verloren. Ich stricke gerade Stulpen und Söckchen für die "Leihenkel".
Manchmal muss man sich die Wahlfamilie halt selbst suchen . .
Auch wenn ich nichts dazu geschrieben habe, haben mich eure Geschichten sehr berührt. Ich wünsche euch von Herzen positive Wendungen in eurem Leben. Und die Kraft, Gelassenheit und auch den Humor, mit allem umzugehn.
Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu!
Zitat von Kaffeesahne im Beitrag #1 Etwas passiert, eine Entscheidung wird getroffen - und dann ist alles anders.
Manchmal sind es relativ kleine Dinge, manchmal grundlegende Entscheidungen oder Ereignisse.
Die meisten erleben im Lauf des Lebens mehrere "Kursänderungen". Was war es bei euch?
Ich habe mir durch wenig durchdachte Entscheidungen viel verbaut. Die kamen immer alle vordergründig harmlos daher und waren mitunter von der Kategorie "damit kann man nicht so viel falsch machen" - und letztlich war es dann doch SEHR falsch für mich. Im Sinne von: kleine Entscheidung, große (negative) Wirkung. Insofern war das jetzt weniger eine bewusste"Kursänderung", sondern eher was in Richtung "irgendwie den Kurs nicht getroffen". Ich habe zu häufig nur das vermeintlich Positive in diesen Entscheidungen gesehen. Ein gutes Beispiel war der Erwerb der Immobilie - da würde man denken: "damit kann man nicht so viel falsch machen". Aber am Ende dann doch irgendwie - man hat plötzlich "Ballast", der vorher nicht da war. Klar kann man vermieten oder verkaufen, aber auch das ist mitunter nicht so vorteilhaft, wie man denken würde.
„Running is a mental sport, and we are all insane.“
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