Ich wurde ungeplant mit Anfang 20 Mutter und bereue es nicht. Meine Tochter (jetzt Anfang 20) wird sicherlich von allen möglichen belastenden Dingen betroffen sein - so wie jeder Mensch, egal, wann er/sie geboren wurde.
Ich lebe gerne, hatte nie das Gefühl ich wäre lieber nicht geboren worden. Trotz aller unschönen Dinge, die mir in meinem Leben passiert sind.
Also, meine eigene Sicht: Ich habe mir immer Kinder gewünscht, hatte aber zu meinen gebärfähigen Zeiten nie den passenden Partner. Jetzt ist die Sache gelaufen und ich bin jeden Tag wirklich sehr sehr froh, dass ich keine Kinder habe. Hätte ich in meiner Lebensphase zwischen sagen wir 30 und 40 den Partner gehabt, hätte ich wahrscheinlich sehr wohl Kinder bekommen (wenn die Natur gewollt hätte, Kinderwunschbehandlung wäre für mich nie in Frage gekommen), aber da sah die Welt für mich auch noch ein bisschen hoffnungsfroher aus.
Ich gehöre eher zu den lebensbejahenden Menschen und habe die grundsätzliche Überzeugung, dass es immer irgendwie weitergehen wird und es auch nach großen Talsohlen wieder aufwärts gehen wird. Das heißt nicht, dass ich fröhlich-optimistisch durchs Leben hüpfe - im Gegenteil, ich grüble viel und wäge vieles sorgsam ab, bereite mich gedanklich auf verschiedene Möglichkeiten, die eintreten könnten, vor. Stünde ich heute vor der Entscheidung, ob ich in der heutigen Zeit mit den aktuellen Umwelt- und politischen Bedingungen ein Kind bekommen darf, würde ich mich eher daran orientieren, ob meine persönlichen Rahmenbedingungen passen.
Ich denke es wird häufig unterschätzt, wie glücklich Menschen leben können, solange Ihr persönliches "kleines" Umfeld (Familie, Freunde, Nahrung, Wohnung, Schule/Arbeit) passt, auch wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht gut sind.
Ich hatte diese Diskussion schon lange, bevor mein eigener Kinderwunsch konkret wurde, mit einem Arbeitskollegen. Der sich bewusst gegen Kinder entschieden hat, eben aus den "berühmten" Gründen.
Für meinen Mann und mich war von Anfang an klar "ja, wir wollen Kinder" - irgendwann. Konkret wurde es dann erst einige Jahre später. Den Gedanken, ob ich Kinder "in diese Welt" setzten will, hatte ich tatsächlich nie. Das waren bei mir nur egoistische Emotionen. Will ich/wollen wir ein Kind? Schaffen wir das (finanziell)? Ist es okay, unser Leben für ein Kind zu ändern? Und nachdem wir alle Fragen mit "ja" beantworten konnten, haben wir uns reingestürzt.
Ich verstehe aber die Überlegungen. Aber - wenn man ganz ehrlich ist - dann müsste man sich hier in so einem Fall auch überlegen "will ich einen Partner"? Den könnte ich ja auch durch Krieg verlieren. Oder man stellt irgendwann fest, dass er politisch ganz anders tickt als man selbst. Aber sich deswegen mal vorsichtshalber gar nicht erst verlieben? Das geht halt nicht. Und so ähnlich sehe ich das mit dem Kinderwunsch. Das ist eine Emotion. Die kann man nicht wirklich willentlich steuern.
Kein Mensch kann in der Wüste leben und davon unberührt bleiben. Er wird fortan, wenn vielleicht auch kaum merklich, das Zeichen der Nomaden tragen. (Wilfried Thesiger)
Zitat von Judy666 im Beitrag #79Aber - wenn man ganz ehrlich ist - dann müsste man sich hier in so einem Fall auch überlegen "will ich einen Partner"? Den könnte ich ja auch durch Krieg verlieren. Oder man stellt irgendwann fest, dass er politisch ganz anders tickt als man selbst. Aber sich deswegen mal vorsichtshalber gar nicht erst verlieben?
if you have no house, then there is no danger of fire in it And our wife will not leave you for another man If you, if you, if you have no wife, no wife.
Chorus: Orchestra clanks with basses, trumpet-player breathes in the copper Think by yourself, decide by yourself, to have or not to have, To have or not have.
If you have no dog, it will not be poisoned with your neighbour And it will be no fighting with a friend, if you have no friends.
Chorus.
If you have no aunt, you will never loose her. And if you do not live, so you will not die.
Gründe für Kinder sind doch immer egoistisch. Egal wie altruistisch sie dargestellt werden.
Wir hatten auch so das Gefühl "irgendwie gehört es zu einem kompletten Leben dazu, auch das erlebt zu haben, und wir stellen uns das toll vor mitzuerleben, wie sie groß werden".
Und trotz aller anstrengender Zeiten und Tiefpunkte haben wir es nie bereut.
Zitat von SASAPI im Beitrag #30 Ich bin davon überzeugt, dass man nur das aufgeladen bekommt, was man auch tragen kann. Bisher hats für mich gestimmt.?
Das sehen Leute mit schweren Krankheiten wahrscheinlich anders. Ich habe mal eine Weile im Bereich Krebs-Bestrahlungen gearbeitet - zB Palliativ-Bestrahlungen für Kinder. Vor dem Hintergrund dessen, was ich da gesehen habe, kann ich mich dieser Aussage nicht anschließen.
Woher weißt du, was diese Menschen tragen konnten bzw. wieviel Freude sie „zwischendurch“ immer noch erleben würden? Haben sie darum gebeten, ihr Leben beenden zu können?
Zitat von Tigerente im Beitrag #81Wir hatten auch so das Gefühl "irgendwie gehört es zu einem kompletten Leben dazu, auch das erlebt zu haben, und wir stellen uns das toll vor mitzuerleben, wie sie groß werden".
Ja, das beschreibt mein Gefühl dazu sehr gut. Ich wusste, ich würde es am Ende des Lebens bereuen, keine Kinder bekommen zu haben (oder zumindest alles dafür getan haben, was mir möglich wäre)
Zitat von Tigerente im Beitrag #82Nachtrag: Zero, der Liedtext gefällt mir.
Zitat von Jofi im Beitrag #35 Dieses Leben kann ich weitergeben oder eben auch nicht. Und das hängt im Wesentlichen davon ab, ob ich ein Leben mit Kind will und ob ich glaube, dass ich dem gewachsen bin. Ob mein Kind dieses Leben mal für der Mühe wert halten wird, weiß ich nicht. Darüber habe ich auch nicht zu entscheiden.
Da stehst jetzt aber erst mal du und dein Kinderwunsch im Mittelpunkt dieser Argumentationskette. Und nicht das Kind (das es geben wird oder nicht) und für das Du mit entscheidest, ob du das willst oder nicht.
Ich finde es absolut anmaßend zu glauben, dass man für die kommende Generation entscheiden kann.
Das machst du doch ständig. ZB mit jedem Tropfen Benzin, den du kaufst (oder eben auch nicht) triffst du eine kleine Entscheidung für die nächste Generation.
Klar steht meine Entscheidung dabei im Mittelpunkt. Ein Kind, das eigentlich nicht gewollt war, hat kein leichtes Leben.
Und was das Benzin betrifft: Du hast aber schon mitgekriegt dass man nicht alles im Leben in den gleichen Topf werfen kann. Es ist schon alles deutlich differenzierter.
Und vielleicht hilft ja noch ein Gedanke bei der Entscheidung für ein Kind: was, wenn genau dieses Kind irgendwann eine tolle Erfindung macht? Oder ein großartiger Politiker wird? Oder "einfach nur" jemand, der einem anderen Menschen ein glückliches Leben bereitet?
Kein Mensch kann in der Wüste leben und davon unberührt bleiben. Er wird fortan, wenn vielleicht auch kaum merklich, das Zeichen der Nomaden tragen. (Wilfried Thesiger)
if you have no house, then there is no danger of fire in it And our wife will not leave you for another man If you, if you, if you have no wife, no wife.
Chorus: Orchestra clanks with basses, trumpet-player breathes in the copper Think by yourself, decide by yourself, to have or not to have, To have or not have.
If you have no dog, it will not be poisoned with your neighbour And it will be no fighting with a friend, if you have no friends.
Chorus.
If you have no aunt, you will never loose her. And if you do not live, so you will not die.
Zitat von FakeFur im Beitrag #88Ich denke, hier soll nicht diskutiert werden.
und ich hab mich extra auf die Finger gesetzt. Vielleicht braucht’s einen zweiten Strang mit identischer Überschrift und dem Zusatz „hier darf diskutiert werden“. Bedarf scheint‘s ja zu geben.
„Running is a mental sport, and we are all insane.“
"Everything happens for a reason. Sometimes the reason ist that you're stupid."
Zitat von FakeFur im Beitrag #88Ich denke, hier soll nicht diskutiert werden.
und ich hab mich extra auf die Finger gesetzt. Vielleicht braucht’s einen zweiten Strang mit identischer Überschrift und dem Zusatz „hier darf diskutiert werden“. Bedarf scheint‘s ja zu geben.
Zitat von FakeFur im Beitrag #88Ich denke, hier soll nicht diskutiert werden.
und ich hab mich extra auf die Finger gesetzt. Vielleicht braucht’s einen zweiten Strang mit identischer Überschrift und dem Zusatz „hier darf diskutiert werden“. Bedarf scheint‘s ja zu geben.
Hattest Du nicht neulich schon einen aufgemacht, in dem es unter anderem darum ging?
Ach so, das war der "Früher war alles besser"-Strang.
Ich bat darum nicht zu diskutieren, weil ich finde, dass das ein so emotional besetztes Thema ist, in dem man dem anderem a) seine Gefühle nicht schlecht reden sollte und b) ihm die eigenen Gefühle nicht aufdrängen.
Wer mich kennt, weiß wie leidenschaftlich ich diskutiere. Aber hier wünsche ich mir einen regen Austausch, ja, aber kein Gezanke darum, wer die "richtigere" Meinung vertritt.
Vielleicht nochmal ein wenig zum Verständnis:
Also zum einen: mein Mann sieht es sicherlich ähnlich. Bei ihm aber durch eine generelle Vorsicht eher noch stärker als bei mir. Er hat eh eine gewisse Scheu vorm Leben, während ich mich mehr reingestürzt habe die letzten Jahrzehnte. Wichtig ist uns beiden, dass wir am Ende beide komplett dahinterstehen müssen. Der Wunsch ist auf jeden Fall bei uns beiden stark ausgeprägt.
Vielleicht hilft es dem Verständnis, wenn ihr wisst, dass wir uns sowieso im Vorfeld schon ganz andere Gedanken machen mussten als die meisten. Durch meine medizinische Vorgeschichte, die dem ein oder anderen vielleicht noch bekannt ist, wird das eine Hochrisikoschwangerschaft sein. Bzgl. der Risiken bestanden schon viele Beratungsgespräche durch Fachärzte, viele Gespräche zwischen uns, wird eine engmaschige medizinische Betreuung und medikamentöse Therapie erforderlich sein und diese Schwangerschaft ist per se schonmal nicht ungefährlich.
Aber wir sind uns dieser Risiken bewusst und haben uns bewusst dafür entschieden.
Aber vielleicht ist das der Grund, weshalb ich oder wir quasi in diesem Modus sind, darüber überhaupt so viel nachzudenken. Die äußeren Umstände, also das was in der Welt passiert ist quasi jetzt das i-tüpfelchen zu dem, was bei uns intern schon besprochen werden musste.
Ich glaube, ich bin nicht die einizige, die seit Ausbruch des Ukrainekrieges nochmal, on top aufs Klima und corona, ganz andere Ängste hat. Es mag da unterschiedliche Meinungen zu geben, aber ich persönlich denke, dass sich unsere Welt vor einer Wende befindet. Klimatisch sowieso, aber eben auch politisch, wirtschaftlich, sozial.
Und aus dieser Perspektive heraus komme ich überhaupt auf diese Fragezeichen.
Es steht außer Frage, dass ich ein Kind nicht abtreiben würde. Aber eine Kinderwunschbehandlung ist ein sehr aktiver Akt. Aktiver kann man eine Schwangerschaft nicht angehen.
Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich kann nicht abwarten, wie sich die Situation entwickelt. Es geht um jetzt (die nächsten Monate) oder nie.
Egoistisch wäre es, ein Kind zu bekommen. Mein, unser Wunsch, steht dem andere Menschen mit einem tiefsitzenden Kinderwunsch in nichts nach, nur weil ich versuche eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen.
Aber (und bitte verzeiht mir den Vergleich, wenn ihr ihn unangebracht findet, ich versuche es einfach verständlich zu machen), es kommt mir aus meiner Blick auf die Welt, der ja durchaus falsch und pessimistisch sein kann, so vor, als würde ich planen ein schwer behindertes Kind zu zeugen. Also es geht hier nicht um die Frage, ob ich ein Kind mit Behinderung abtreiben würde. Sondern um den Gedanken ein Kind mit massiven Defiziten genau so zu erschaffen. Mit dem, was dass dann an Leid und Schmerzen bedeuten könnte. Die Welt und der Schmerz, den die Menschheit vielleicht die nächsten Jahrzehnte erwartet, wird hier durch die Schmerzen und das Leid, die eine schwere Behinderung mit sich bringen kann, symbolisiert.
Würde man das tun?
Ich weiß, das ist sehr abstrakt und die meisten werden mich nicht verstehen. Aber es soll nur ein Ausdruck sein, was in mir vorgeht.
Ich persönlich würde ein behindertes Kind nicht abtreiben. Ich persönlich denke, man liebt das Kind genauso, wie jedes gesunde. Ich persönlich denke auch, dass auch ein schwerst behindertes Kind Momente des Glücks leben kann. Aber würde ich das so planen? Mit Sicherheit nicht.
Ich wünschte, ich hätte aktuell einen optimistischeren Blick auf die Welt. Und ich habe ja nicht nur diese Perspektive. Kommt ein wenig darauf an, wie häufig ich Nachrichten schaue. Manmanman, das ist echt schwarz, was man da sieht.
Eure Beiträge helfen mir. Die Perspektive zu wechseln. Das Licht zu sehen. Das ist wichtig.
Liebe Jubidu, das ist schon ein ganzer Rucksack voller Risiken, die Ihr da eingeht - medizinisches Risiko, altersbedingtes Risiko, KiWu-Behandlung als solche auch. Ich verstehe Deine Bedenken/Überlegungen. Wenn nun noch die Fragestellung hinsichtlich der derzeitigen Rahmenbedingungen hinzukommen, wäre dann eine Adoption eine Alternative für Euch? Das wäre ein Kind, das schon da ist - Ihr hättet nicht die Verantwortung, es unter großen Risiken ins Leben gebracht zu haben, sondern würdet einem Kind, das - je nach Herkunft - ggf. eine definitiv ungute Zukunft hätte, eine gute Perspektive bieten.
Zitat von Jubidu im Beitrag #94Sondern um den Gedanken ein Kind mit massiven Defiziten genau so zu erschaffen. Mit dem, was dass dann an Leid und Schmerzen bedeuten könnte. Die Welt und der Schmerz, den die Menschheit vielleicht die nächsten Jahrzehnte erwartet, wird hier durch die Schmerzen und das Leid, die eine schwere Behinderung mit sich bringen kann, symbolisiert.
Würde man das tun?
Ich weiß, das ist sehr abstrakt und die meisten werden mich nicht verstehen. Aber es soll nur ein Ausdruck sein, was in mir vorgeht.
Doch, ich kann diese Gedanken gut nachvollziehen (ich denke, es ist auch das, worum es Naomi geht). Für mich ist es insofern nicht vergleichbar, dass ich keine so negative Sicht auf die Zukunft habe, dass sie zwingend Schmerzen und Leid für Westeuropa bringt (ich rede nicht über Unannehmlichkeiten, nicht mehr 3 Mal im Jahr in Urlaub fahren zu können usw). Ich denke, es kommt wirklich auf die Perspektive, wie man sich die Zukunft konkret ausmalt. Und auf die Wahrscheinlichkeit, dass es so auch eintritt.
Zitat von Jubidu im Beitrag #97Zero, irgendwie bedeutet es mir besonders viel, dass du mich verstehst mit meinem Beispiel.
Das freut mich! Ich kann wirklich alle deine Gedanken nachvollziehen, es klingt alles logisch. Der Unterschied ist echt nur die eigene Bewertung, wie die Zukunft konkret aussehen und sich vor allem anfühlen würde, für die Betroffenen. Und spielt sehr viel eigenes Kopfkino mit rein.
@Jubidu, deine Vorgeschichte kenne ich nicht, das vorab. Aber unsere ist auch nicht so easy gewesen, ich bin auch vorerkrankt (Herzfehler, große OP bereits erfolgt), dann kam das Thema Kiwu-Behandlung dazu (übrigens ein verschobenes Implantationsfenster, also auch "mein" Defekt). Risikoschwangerschaft mit Blutungen bis in die SSW 16, Uniklinik zur Entbindung wg angeschlossener Herzklinik etc. Alles belastet und nicht so richtig entspannt. Ich kann daher viele deiner Bedenken total nachvollziehen, Trotzdem von mir "pro Kind", wenn der Wunsch da ist. Ohne zu große Sorge.
Ich hatte gerade eine Liste formuliert, aber wieder gelöscht. Zu subjektiv. Was ich nur sagen will - ein Kind ist was ganz Natürliches. Wenn man eine Kiwu-Behandlung benötigt, geht das manchmal etwas verloren, und es wird sehr verkopft, kompliziert und grüblerisch. Unter den Bedingungen aktuell kann ich verstehen, dass es noch schwieriger wird. Wenn Ihr Euch dagegen entscheidet, ist es absolut ok, natürlich, so eine Behandlung ist auch kein Spaziergang, das macht was mit einem. Und ist anstrengend. Hattet Ihr Euch vor dem Ukraine Krieg denn schon dafür entschieden? Dann wäre jetzt die Frage, was dies tatsächlich ändert. Dass der Krieg in Europa ist und nicht in Nahost/Afrika/sonst einer Ferne? Die Angst vor einem Atomkrieg? Das alles könnt nur Ihr beantworten. Oder ist es ein generelles Unwohlsein?
Edit, ich habe nochmal nachgelesen (sorry, wurde vorher unterbrochen). Ich glaube, du siehst das zu schwarz. Jetzt, im Moment. Ehrlich. Ich verstehe die Bedenken tatsächlich, auch den Vergleich, und finde übrigens ganz großartig, wie du das reflektierst.